Rückblick 2004

Professor schreibt sich ins Ehrenbuch der Stadt Werdau ein

„Freie Presse“  04.10.2004

 Werdau.  Martin Luther King sei den afroamerikanischen Studenten zu vorsichtig gewesen. Sie wollten sich auf gefährlicheres Gebiet begeben. So Professor Clayborne Carson aus San Francisco am Montagabend im Rathaus zum Erwachen der gewaltfreien Studentenbewegung der 60er Jahre in den USA.

Mehr Zuhörer aus der Region als in Hamburg und Berlin wollten im Ratsaal ihn und den Übersetzer seinesBuches „Zeiten des Kampfes“, Lou Martin aus Marseille, erleben. Fast völlig allerdings fehlten Lehrer, die gute Multiplikatoren sein könnten, und arbeitslose Bürger, die viel von dem sozialen Kampf der Unterpriviligierten in den USA lernen könnte. Das Buch wurde öfter gekauft als zu allen in Deutschland stattgefundenen Lesungen zusammen. Der Afroamerikaner berichtete von einer Baumwollpflückerin, die mit nur drei Jahren Schulbildung schreibuntüchtig geblieben war, sich trotz Arbeitsplatz- und Wohnungsverlust und mit Waffen bedroht, zu einer Anführerin der „sit ins“ und „Freiheitsfahrten“ entwickelt hatte.

 Bernd Gerber fragte die Toleranz der Organisation an. Der konsequent gewaltfreie Flügel, so Carson, habe auch mit Weißen zusammengearbeitet. Die „Black Panthers“ blieben unter sich, reagierten auch mit Gewalt, aber nur, wenn sie angegriffen wurden. Oberbürgermeister Volkmar Dittrich erinnerte daran, wie er seinerzeit als Student auf dem Bildschirm Afroamerikaner mit gesenktem Kopf und erhobener Faust auf dem Siegerpodest der Olypischen Spiele gesehen habe. Carson äußerte sich optimistisch über den inneramerikanischen Widerstand gegen den Irak-Krieg, das Engagement und den Einfluss junger Leute. Nach Eintragung des Professors der Stanford University in das Ehrenbuch der Stadt und dreistündigem Austausch trennte man sich bereichert voneinander.

Woche des ausländischen Mitbürgers

„Freie Presse“  28.09.2004

 Werdau.  Mit einer Ausstellungseröffnung im Verwaltungszentrum des Landkreises in der Königswalder Straße in Werdau hat die „Woche des ausländischen Mitbürgers“ begonnen. „Dieses gibt es bundesweit schon seit 20 Jahren“, so Bernd Tawalbeh, der Ausländerbeauftragte im Kreis. In Zwickau und dem Zwickauer Land erlebt sie die zehnte Auflage. Rund 15 Vereine und Institutionen beteiligen sich mit eigenen Beiträgen, Ausstellungen, Lampionumzug, Vorträge und Sport daran.

So wird DDR-Legende Jürgen Croy am Freitag um 15 Uhr in Pölbitz, Sporthalle Dieselstraße 17, das Fußballspiel „Fair Play“ anpfeifen, in dem Ausländer und Deutsche gemeinsam spielen. Ausstellungen mehrerer Vereine, die sich der Ausländerarbeit widmen, sind während der Öffnungszeiten bis Freitagmittag in der Cafeteria des Werdauer Verwaltungszentrums zu sehen.

Bereits heute sind Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren für 15 Uhr zu einem Zeichenwettbewerb in den Alten Gasometer Zwickau, kleine Biergasse, eingeladen. Morgen spricht um 19 Uhr Professorin Annette Wilke von der Universität Münster in der Muldenbühne Zwickau über den „Euro-Islam“ und bietet Diskussionsmöglichkeiten zum Thema an. Über das neue Zuwanderungsgesetz wird am Donnerstag um 18 Uhr im Alten Gasometer mit dem Vorsitzenden des Sächsischen Flüchtlingsrates, Hanna Stoll, informiert und diskutiert. „Manchmal sind es Gesetz, die uns im Weg stehen, die es uns schwer machen“, hatte Landrat Christian Otto (CDU) im Blick auf die Integration zur Eröffnungsveranstaltung erklärt. Er sprach aber auch die Erwartung aus, dass hier lebende Aussiedler und Ausländer unsere Sprache erlernen und sprechen sollten. Bernd Tawabeh bedankte sich bei allen Vereinen, darunter das Werdauer Martin-Luther-King-Zentrum, für die Integration von Migranten in der Region. Das sei nicht ganz unproblematisch. Bürgermeisterin Pia Findeis (SPD) siet es ebenso: „Die Vereine leben durch das Engagement ihrer Mitglieder.“ Die finanziellen Probleme würden jedoch immer größer. Tawalbeh beklagte, dass kommunale Mittel für die Ausländer-Woche jedes Jahr mehr reduziert würden. Von den vielen Unternehmen der Region, bei denen man angefragt habe, hätten nur wenige geantwortet. Finanzielle Unterstützung gab es keine.

 Tawalbeh zeigte sich enttäuscht, dass von allen angeschriebenen Kreisräten nur Vertreter der PDS und der SPD zur Eröffnung gekommen waren. Insgesamt 25 Besucher erlebten die Veranstaltung mit. Musikalisch wurde sie von Oleg Dietrich, Aussiedler aus Russland, mit Akkordeon-Musik aus russischer Folklore und einem Bach-Präludium umrahmt. Er arbeitet selbst in der Gruppe „Integra“ mit. „Cabana“, „Integra“, der Internationale Solidaritätsverein sowie die Sozialdiakonische Kinder- und Jugendarbeit steuerten eigene Ausstellungen bei. Ebenso das Martin-Luther-King-Zentrum Werdau. An der von der Civitas-Stiftung geförderten Ausstellung „Der Ökumenische Arbeitskreis für Ausländerfragen“ hat Claudia Möckel, Politologin im King-Zentrum, maßgeblichen Anteil.

Der Ökumenische Arbeitskreis war während der „Politischen Friedensgebete“ im Wende-Herbst 1989, als sich Tausende in der Marienkirche Werdau versammelt hatten, auf Anregung von Pfarrer Manfred Bauer ins Leben gerufen worden. Damals hatten sich auch etwa zehn weitere Gruppen wie Ärzte, Mieter, Handwerker und Kleingewerbetreibende sowie an der Reform des Bildungswesen Interessierte zusammengefunden. Der Arbeitskreis ist die einzige dieser Gruppengründungen aus der „Friedlichen Revolution“ vor 15 Jahren in der Region, die bis heute überlebt hat. Das ist ein Verdienst des Engagements von Anita Eckelt und weiteren Helfern.

Vielen Ausländern und Aussiedlern konnte der Arbeitskreis Hilfe und Unterstützung geben gegenüber Behörden, fremdenfeindlicher Bedrängung oder einfach nur bei der Integration.

„Aus dem Fels der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung bauen“

 Gedenkveranstaltung zum 40. Jahrestag der Predigt Martin Luther Kings in der St. Marienkirche Berlin am 13. September 1964 

Auf Einladung des damaligen Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Willy Brandt, besuchte Martin Luther King im September 1964 – wenige Wochen, bevor er den Friedensnobelpreis entgegennahm – die geteilte Stadt Berlin. Sein Besuchsprogramm führte ihn sowohl in den West- wie auch in den Ostteil der Stadt, und einen der Höhepunkte bildete seine Rede in der Ostberliner Marienkirche am Alexanderplatz. Für die Beteiligten war es ein prägendes Erlebnis. Zum einen war da der ungemein große Zulauf: bereits um 18 Uhr, drei Stunden vor Beginn, musste die völlig überfüllte Kirche geschlossen werden, die benachbarte Sophienkirche wurde geöffnet, in der die Menschen ausharrten, bis zu später Stunde M.L. King auch noch zu ihnen kam. Da war zum anderen natürlich die Person und der Redner M.L. King, die mit ihrem Charisma und der Botschaft von einem gewaltfrei herbeigeführten Miteinander in Gerechtigkeit und Freiheit die Besucher in ihrem Bann zog.

 Hier ein Auszug aus dem Programm :

Samstag, 11.09.2004

16.30 Uhr Orgelvesper (Texte von M.L. King, G.Bozemann, Orgel) 

18.00 Uhr Prof. Dr. Heinrich Grosse: „M.L. King – vor 40 Jarhen in Berlin – seine Bedeutung für uns heute“

19.30 Uhr Georg Meusel (M-L-King-Zentrum Werdau): „Träumer und schöpferischer Extremist – Zur Wirkungsgeschichte der Gedanken M.L. Kings in der DDR“

20 Uhr „Dann war mein Leben nicht umsonst.“  Dokumentarfilm über M.L. King

Sonntag, 12.09.2004

Gottesdienst zum Gedenken an die Predigt M.L. Kings in der St. Marienkirche 

„Opposition und Widerstand in der Region“ – Vortrag von Dr. Matthias Kluge.

Der Historiker und Politikwissenschaftler aus Frankenhausen wird über die Regionalgeschichte vom Kirchenkampf im Dritten Reich bis hin zur Opposition in der DDR referieren und sie einer kritischen Würdigung unterziehen. Die Veranstaltung  am Dienstag, den 08. Juni 2004, findet im Rahmen der  Tage der Demokratie und Toleranz statt, die noch bis zum 12.06. andauern. Er beginnt um 19.00 Uhr in Werdau im Grundbuchamt in der Zwickauer Straße 19. Initiiert wird der Vortrag vom Martin-Luther-King-Zentrum, das ein Partner im Bündnis für Demokratie und Toleranz ist.

Der ursprünglich geplante Vortrag „Wunde Punkte – Wendepunkte“ von Georg Meusel muss aus gesundheitlichen Gründen leider ausfallen.

Keine Bananen! 700-Jahr-Feier der Stadt Werdau

Wer hat noch Fotos oder Transparente auf dem Dachboden?

Werdauer King-Jugend sucht nach Zeugnissen der Wende-Zeit

ImageDas große Jubiläum der Stadt steht bevor. Auch die Jugend des Martin-Luther-King-Zentrums plant eine Aktion anlässlich des 700-jährigen Bestehens von Werdau. Bei dem Festumzug am Sonntag, den 20. Juni 2004 ist das King-Zentrum um 14 Uhr mit einem Wagen unter dem Titel „Die friedliche Revolution 1989/90 in Werdau“ vertreten. Das schwierige Thema verlangt einen sensiblen Umgang mit der „fernen Gegenwart“ und ihre jetzt so deutlich spürbaren Auswirkungen im Heute und in naher Zukunft. „Aber wie kann man das authentisch rüberbringen, ohne ostalgisch zu wirken?“, gibt Claudia Klüsener zu bedenken.

„Keine Bananen“, verspricht Sebastian Götz, „sondern eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Hoffnungen und Ängsten dieser Tage!“

Deshalb haben sie sich auch für das Bild der brennenden Kerzen und der friedlichen Demonstrationen entschieden. Beides steht sicher noch jedem deutlich vor Augen, der in den entscheidenden Tagen auf den Beinen war.

Gut, dass die King-Jugend an der Quelle sitzt. Denn das Archiv der Bürgerbewegung Westsachsens, am Torbogen 5, dem Treffpunkt der King-Jugend, bietet die Möglichkeit, Einblick in das Geschehen im Herbst 1989 und den weiteren Ereignissen zu nehmen. So kommen z.B. auch Fotos von Albrecht Körner mit auf den Wagen, der damals geistesgegenwärtig mit der Kamera unterwegs war und diese bewegte Zeit in Bildern festgehalten hat.

„Aber die Transparente kommen wieder in die Kartons!“ Dass die Fotos und andere „Schätzchen“ nur mit Glacéhandschuhen angefasst werden dürfen und die geschichtsträchtigen Gegenstände wieder sicher verwahrt werden, darüber wacht die Archivarin Ellen Grünendahl. Schön wäre es, wenn sich noch Zeitzeugen fänden, die den Umzug mit weiteren originalen Plakaten, Fotos oder mit wichtigen stimmungsvollen Details, auch mit Ideen für die Beschallung unterstützen würden. Und die Zeit drängt! Wer also noch mit Zeitdokumenten und Hinweisen aufwarten kann, der sollte sich beim Martin-Luther-King-Zentrum (03761/760284) melden.

Für die King-Jugend bedeutet das, die Transparente in den kommenden Tagen noch einmal nachzupinseln, denn die Originale können natürlich nicht einem etwaigen Regenguss während des Festumzugs ausgesetzt werden.

Festveranstaltung in Werdau anlässlich Kings 75. Geburtstag im Januar 2004

Festveranstaltung: Begrüßung Lorenz Franziski, Beigeordneter des Landrates Christian Otto, beim Grußwort als Gastgeber an die Besucher und das Martin-Luther-King-Zentrum, Kreistagssaal Zwickauer Land
Besucher Besucher der Festveranstaltung zum 75. Geburtstag Martin Luther Kings im Kreistagssaal des Zwickauer Landes. Vorn von links Lorenz Franzisti, Georg Hamburger, CDU, Landrat a.D., Mitglied des Sächsischen Landtages, ganz rechts Otto Reinhold, Königswalde, zweite Reihe Mitte Pfarrer Gehrke, katholische Gemeinde Crimmischau, hinten links Sebastian Götz, Jugendmitarbeiter des Martin-Luther-King-Zentrums.
Buchpräsentation Schorsch Meusel mit dem Buch des Karl-Marx-Städter Jugendpfarrers Theo Lehmann, für das Martin Luther King 1966 das Vorwort geschrieben hat, der einzige Text, den er je speziell für eine deutsche Leserschaft verfasste.
Tolstoi-Plastik Schorsch Meusel zeigt eine Tolstoi-Plastik aus Stalingrad/Wolgograd, die sowjetische Philatelisten ihm 1978 zum Geschenk gemacht hatten, als er sein Exponat  über Martin Luther King mit DDR-Kulturbund- Delegierung dort ausgestellt hatte. Tolstoi sei ja auch ein Vertreter der Gewaltlosigkeit gewesen, übermittelten damals die Wolgograder.
Sonderstempel  
Kunstpräsentation   Schorsch Meusel zeigt ein Bild, das Heinz-Lanzendorf unter dem Titel »Sein Vermächtnis lebt« zum 75. Geburtstag Martin Luther Kings geschaffen hat.
Künstler im Gespräch Der Schöpfer der zwei Gemälde „Sein Vermächtnis lebt“ zum 75. King-Geburtstag, Heinz Landzendorf, im Gespräch mit dem Journalisten Gert Friedrich, beide aus Werdau.
Infostand – Sonderstempel Edith Naujoks am Infostand zur Eröffnung des Martin-Luther-King-Sonderstempels mit Angebot der Ersttagsbriefe und Sonderpostkarten.
 Philatelieexponat Das philatelistische Martin-Luther-King-Exponat von Schorsch Meusel, ausgezeichnet auf Nationalen Ausstellungen der DDR, 1978 in
Stalingrad/Wolgograd, zu Weltausstellungen in Poznan 1973 und in Prag 1988.
 Gospelmusik Der Gospelchor der Katholischen Pfarrgemeinde Crimmitschau, geleitet von Andreas „Bandi“ Bayer.
Ausstellung „Frieden schaffen ohne Gewalt – Gandhi, King, Ikeda“ im Zwickauer Landgericht

Zwickau.  Seine wichtigste Botschaft fasste Georg Meusel bei der Eröffnung der Ausstellung „Frieden schaffen ohne Gewalt – Gandhi, King, Ikeda“ am Montagabend im Foyer des  Zwickauer Landgerichts so zusammen: „Viel von diesem Geist hat sich auf die Menschen übertragen, die vor 15 Jahren dafür gesorgt haben, dass bei uns der Anfang vom Ende der DDR seine Wiege hatte, ohne dass Steine und Flaschen flogen“, sagte der Vorsitzende des Martin-Luther-King Zentrums.

Wie gefühlvoll die Erinnerung daran sein kann, dass drei Männer unterschiedlicher Weltanschauung und Religionen auf der Grundlage des Humanismus der Welt den Frieden näher brachten, durften die Gäste der Vernissage selbst erfahren. Gospelsängerin Melbra Rai, die mit dem schwarzen Bürgerrechtler in den USA auf die Straße gegangen war, sang mit „Amazing Grace“ eines von Kings Lieblingsliedern.

Die Ausstellung ist ein Gemeinschaftsprojekt der GandhiServe Stiftung, des Martin-Luther-King Zentrums und der Soka Gakkai International (SGI), einer buddhistischen Religionsgemeinschaft. Schirmherr ist Oberbürgermeister Dietmar Vettermann: „Eine Aufforderung, die Geschichte zu bewahren und aus ihr zu lernen“, sagte er in seiner Ansprache. Auch heute sei es wichtig, sich zu verinnerlichen, was mit dem Einsatz von Zivilcourage zu erreichen sei. „Diese drei Männer haben uns gezeigt, wie es geht“, fügte Vettermann hinzu. Landgerichtspräsident Jürgen Kränzlein sprach von „Vorbildern für Generationen“

Mehr als 30 Stellwände mit Texten und Fotografien bilden das Herzstück der Ausstellung. Die Informationen sind so konzipiert, dass der Betrachter sich sowohl in die jeweiligen Lebensphilosophien der drei Friedensbotschafter vertiefen kann, als auch die Möglichkeit hat, Gemeinsamkeiten zu entdecken und den Humanismus als Brücke zur Gewaltfreiheit zu erkennen; vielleicht sogar zu betreten.

Mahatma Gandhi kämpfte neben der Unabhängigkeit Indiens für die Gleichberechtigung der ärmsten Bevölkerungsschichten sowie für die Einigkeit von Hindus und Moslems. Der christliche Glaube war die Basis für Martin Luther King, sein Leben für die Freiheit und Gleichheit der Schwarzen in den USA einzusetzen. Der Japaner Daisaku Ikeda entschied sich auf der Grundlage des Buddhismus für den Dialog. Auch heute noch, im Alter von 76 Jahren, spricht der Ehrenpräsident der SGI mi Persönlichkeiten aus Politik, Bildung und Wissenschaft über seine Friedensvorschläge.

„Freie Presse“ 14.01.2004

 „Freie Presse“ 10.01.2004

 Georg Meusel holt 1987 Kings Filmbiografie in die DDR – Aufführung am Montag im Alten Gasometer

 Zwickau/Werdau.  Schmuggel für die gute Sache – in diesem Fall kann man das ausnahmsweise entschuldigen. Georg Meusel, Friedensaktivist und Gründer des Werdauer Martin-Luther-King-Zentrums, musste Mitte der 80er Jahre eine Menge auf sich nehmen, damit die DDR-Bürger die Filmbiografie „… dann war mein Leben nicht umsonst“ sehen konnten. Der Premiere 1987 in Werdau gingen jahrelange Überzeugungsarbeit, eine komplizierte Jagd nach Westgeld und eben Briefmarkenschmuggel voraus. Nun ist die packende Dokumentation am Montag, 20 Uhr im Alten Gasometer Zwickau zu erleben. Die Veranstaltung ist ein Teil des Festmonats zum 75. Geburtstag Martin Luther Kings.

 „… dann war mein Leben nicht umsonst“ entstand 1978. Regie führte Harry Belafonte, der auch in die Rolle des Baptistenpfarrers schlüpfte. Außerdem wirkten Richard Kaplan, Ely Landau sowie Sidney Politier mit. „Ich hatte den Streifen im Westfernsehen geschaut“, erinnert sich Georg Meusel. Nur, wie herankommen an eine eigene Kopie? Die Verleihfirma verlangte satte 3300 Mark. West, versteht sich. Selbst mit dem Geld hätte man den Film nicht einfach in die DDR einführen dürfen – als Mittler fungierte schließlich der Filmdienst des evangelischen Jungmännerwerks Magdeburg. „Freunde aus ser Friedensbewegung der BRD sammelten Geld“, erzählt Meusel.

Er selbst, ein passionierter Philatelist, tauschte seltene Erst-Briefmarken mit Sammlern aus dem Westen – bekam seinerseits aber keine Postwertzeichen zurück, sondern fünf Mark überwiesen. Die Stasi, normalerweise immer im Bilde über Meusels Leben, bekam vom Schmuggel nichts mit. „Diese Briefe fanden sie wohl nicht interessant.“

Die letzte Hürde vor der Erstaufführung, die Genehmigung des Kultusministeriums, sie fiel schließlich auch – hätten die obersten Zensoren an der Stelle noch Nein gesagt, dann wären vier Jahre Vorbereitung umsonst gewesen. „Aber es hat ja alles gut geklappt“, freut sich Georg Meusel noch heute. Der Ansturm auf die Erstaufführung war so groß, dass der Film sofort im Anschluß noch einmal gezeigt werden musste. Bis zur Wende wurde die Filmbiografie in der gesamten DDR 138-mal aufgeführt, mehr als 10.000 Besucher strömten zu den Vorstellungen.

„King war für viele hier ein Vorbild“, erzählt Meusel. „Wir haben heimlich davon geträumt, dass es eine ähnliche Bewegung geben würde.“ Im übrigen habe der Film eine bis heute gültige Botschaft „Schließlich gibt es Gewalt noch immer, nur hat sie inzwischen ein anderes Gesicht.“

Die Begeisterung für Martin Luther King und sein Engagement für Gewaltfreiheit hat Meusel übrigens schon lange vor der Gründung seines Zentrums 1998 nach außen getragen: Sein jüngster Sohn, eins von vier Kindern, bekam den Vornamen King. 1969 kam der Nachwuchs zur Welt, ein Jahr nach dem tödlichen Attentat auf den Friedens-Nobelpreisträger. Das Standesamt hatte den ungewöhnlichen Namen zunächst nicht eintragen wollen, erst das Bibliographische Institut Leipzig gab schließlich die Erlaubnis. 

 

 „Namasté – Eine Reise durch Indien auf den Spuren von Kings Vorbild Mahatma Gandhi“

 „Freie Presse“  07.01.2004

  Zwickau.  Am Donnerstag zeigt der Berliner Foto- und Biograf Peter Rühe in der Zwickauer Muldenbühne, „Alter Gasometer“, seine Audio-Visionsschau „Namasté – Eine Reise durch Indien auf den Spuren von Kings Vorbild Mahatma Gandhi“. Wie das Martin-Luther-King-Zentrum Werdau mitteilt, ist der Vortrag der Auftakt zum Festmonat anlässlich des 75. Geburtstages Martin Luther Kings.

Peter Rühe ist der Gründer und Vorstandsvorsitzende der GandhiServe Stiftung Berlin und Autor der Bildbiografie. Er hat sich auf die Konservierung von visuellen Originalmaterialien Gandhis spezialisiert und in verschiedenen Ländern multimediale Präsentationen dieser herausragenden Persönlichkeit erstellt sowie an Fernsehproduktionen mitgearbeitet. Rühe gibt in dem zirka 100-minütigen Vortrag Einblicke in das Leben und Wirken eines Mannes, der die Ethik der Gewaltfreiheit kultiviert und mit seinem vorgelebten Beispiel weit über die Grenzen Indiens hinaus verbreitet hat. Die Reiseroute der aufwändig gestalteten Visionsschau folgt der Biografie Gandhis: Probandar, Rajkot, Ahmedabad, Wardha, Mumbai (Bombay) und Delhi. In Wort und Bild werden diese Stationen gezeigt, das heutige Indien, aber auch Aufnahmen aus der Zeit, da Gandhi dort lebte und gewaltfrei für ein unabhängiges Indien kämpfte.

Die zeitgenössischen Bilder wurden vom Fotografen Eduard Friedl aufgenommen, dem Leiter des Fotostudios an der Technischen Universität Berlin. Die historischen Motive stammen aus der Sammlung des bedeutenden Gandhi-Biografen Vithalbai K. Jhaveri. Erstmalig wurden von dieser 10.000 Originale umfassenden Sammlung Diapositive angefertigt. Dazu kommen historische Ton-und Filmdokumente. Beteiligt waren außerdem Prof. Jürgen Lütt, der sich mit der Persönlichkeit Gandhis intensiv auseinandersetzte, und Prof. Michael Blume, der die deutsche Version eines Gandhi-Dokumentarfilms erstellte. Beginn des Vortrages is um 19.30 Uhr.