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Rückblick 2013

Gründungsmitglied des Martin-Luther-King-Zentrums Ulli Thiel wird 70 Jahre alt

Ulli Thiel, Jahrgang 1943, Pädagoge und Friedensarbeiter, lebt gemeinsam mit seiner Frau Sonnhild in Karlsruhe. Lehrer für hör- und sprachbehinderte Kinder und Jugendliche bis zum Schuljahresende 2007. Seit 1968 ist er  gemeinsam mit Sonnhild aktiv für die Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) auf Gruppen-, Landes- und Bundesebene. Langjährige Mitarbeit außerdem in der Werkstatt für Gewaltfreie Aktion Baden, im Friedensbündnis Karlsruhe und im Beirat der Arbeitsstelle Frieden der Evangelischen Landeskirche Baden. Langjähriges Mitglied bei Lebenshaus Schwäbische Alb e.V.

Herzlichen Glückwunsch!
 
08.12.2013
 
Wanderausstellung des Martin-Luther-King-Zentrums

»Aus dem Fels der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung hauen«

Eröffnung

am 28. Oktober 2013 im Anschluß an die um 18:30 Uhr stattfindende Andacht aus Anlass des 776. Stadtjubiläums Berlins in der St. Marienkirche Berlin, Karl-Liebknecht-Str. 8, in der King im September 1964 gepredigt hat.

Image»Martin Luther King und die DDR« – In vielen Bereichen der DDR-Gesellschaft lassen sich Spuren von Martin Luther Kings Gedankengut des gewaltfreien Widerstandes finden.

Die Widersprüchlichkeit des SED-Staates im Umgang mit King zeigte sich u.a.  beim Ost-Berlin-Besuch des Bürgerechtlers im September 1964. Weder Presse noch Rundfunk kündigten ihn an. Und doch ließen die DDR-Grenzer King ohne Pass und Visum am Checkpoint-Charlie die Mauer passieren und er konnte ungehindert vor 3.000 DDR-Bürgern sprechen.

In Kirchgemeinden bis zu Oppositionsgruppen verbreiteten sich im Laufe der Zeit Kings Ideen der Gewaltfreiheit, so dass
dies auch im Hinblick auf die Friedliche Revolution 1989 nicht ohne Wirkung bleiben konnte. Am entscheidenden 9.Oktober 1989 bezog sich die Predigt in der Reformierten Kirche zu Leipzig vor Tausenden Besuchern ausdrücklich auf King. Er habe „den Menschen unserer Zeit gezeigt, dass durch Gewaltlosigkeit etwas grundsätzlich verändert weren kann. Das erwachte Selbstbewusstsein der Schwarzen wurde mit dem »Erwachsenwerden« der DDR-Bürger verglichen. Dann wurde vor Beginn der Großdemonstration der Aufruf »Keine Gewalt« der »Leipziger Sechs« verlesen.

In dieser Ausstellung wird exemplarisch gezeigt, welch starker Hoffnungsträger Martin Luther King für viele Menschen in der DDR war.


Bilder von der Eröffnung



Berliner Filmteam dreht in Lutherhaus und King-Zentrum Werdau für RTL

DDR-Erstaufführung des Martin-Luther-King-Films „… dann war mein Leben nicht umsonst“ von 1987 in Werdau mit Originaltechnik vor Berliner Schülern nachgestellt

Ein Berliner Kamerateam unter dem Filmemacher Kuno Richter arbeitete gemeinsam mit Zeitzeugen, Berliner Schülern und Lehrern Ende September an zwei Drehtagen im Lutherhaus und im Martin-Luther-King-Zentrum Werdau an Aufnahmen für einen Film über Martin Luther King und die DDR.

Zur Vorgeschichte gehörte, dass es Georg Meusel 1987 nach vierjährigen Bemühungen unter teils abenteuerlichen Umständen gelungen war, den Oskar-nominierten großen King-Dokumentarfilm aus der BRD in die DDR zu bringen. Es waren drei große Hürden zu nehmen. Kirchliche Stellen mussten zustimmen, weil der Filmdienst des Evangelisches Jungmännerwerk Magdeburg die einzige Institution war, die mit ihrem Reisedienst Filme zeigen durfte, die nicht über den Progress-Filmbetrieb in die Kinos kamen. Die Vermittlung von Anselm Meyer, der eine Zeitlang als „Filmmissionar“ bei der Kirche gearbeitet hatte, erwirkte schließlich das kirchliche Einverständnis. Zweitens mussten dreieinhalb Tausend Westmark aufgebracht werden, die zum allergrößten Teil Freunde aus der westdeutschen Friedensbewegung sammelten. Die fehlenden 500 DM organisierte „Schorsch“ Meusel auf unkonventionelle Weise mit dem Schmuggel von DDR-Sammlerbriefmarken. Drittens war die Aufführungslizenz des Kulturministeriums der DDR erforderlich, das die Entscheidung erst traf, wenn der Film im Original bei ihm auf dem Schreibtisch lag.
Zu Kings Todestag im April 1987 wurde der 135-minütige Streifen in zwei überfüllten Vorstellungen im Lutherhaus Werdau aufgeführt. Die Stasi erkannte wohl die politische Brisanz des Films, behinderte ihn jedoch nicht. Im Bericht  eines Informellen Mitarbeiters heißt es: „Ich habe … bedauert, daß mit den drei Aufführungen, zweimal in Werdau und einmal … in Crimmitschau im Piusheim, nur 400 bis 450 Menschen diesen Film sehen konnten, mehr fassen die Räume gar nicht, und daß das eigentlich vom Wert her, den der Film hat, wie man Widerstand organisieren sollte und auch durchzieht, einen viel größeren Zuhörerkreis verdient hat …“ Dann trat der Streifen mit dem Filmdienst des Evangelischen Jungmännerwerks seinen Segenslauf durch die DDR an, wo er in 138 Vorstellungen bis zur Friedlichen Revolution nahezu 11 000 Menschen erreichte. Er spielte fast 4 000 Mark für das Friedensseminar Königswalde und 8 000 Mark für den Nothilfefonds des Jungmännerwerks ein.

Mit Anselm Meyer als damaliger Filmvorführer konnten die Berliner am authentischen Ort mit und Originaltechnik im allerdings inzwischen leergeräumten Lutherhaus die DDR-Erstaufführung des Films nachempfinden.
Am zweiten Drehtag besuchte das Filmteam das Martin-Luther-King-Zentrum. Dort berichtete Schorsch Meusel anhand des Originals den Schülern, wie er im Jahr 2003 in Berlin das verschollene Tonband mit Kings Predigt vom September 1964 in der Ost-Berliner Marienkirche aufgefunden hat. Nach Einschätzung von Archivwissenschaftlern hätte nach so langer Zeit das Magnetband längst gelöscht sein müssen. Der Tontechniker meinte: „Da ist nur noch das Eigenrauschen des Bandes drauf.“ Doch unter Rauschen, Brummen, Knistern und Knacken erscholl plötzlich undeutlich, aber verstehbar, die Stimme Martin Luther Kings: „Meine lieben christlichen Freunde in Ostberlin, … zu beiden Seiten der Mauer leben Kinder Gottes und keine von Menschen errichtete Grenze kann diese Tatsache auslöschen [… ] Mit diesem Glauben werden wir aus dem Fels der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung hauen, miteinander für die Freiheit aufstehen in der Gewissheit, eines Tages frei zu sein.“ Eine seit 39 Jahren verstummte Stimme war nochmals lebendig geworden.
Die Schüler ließen sich vor der Kamera auch Meusels 100-seitiges philatelistisches Exponat über Martin Luther King zeigen und erklären. Er hatte dies 1970 gestaltet. Es wurde auf Ausstellungen innerhalb der DDR, in Wolgograd und auf Weltausstellungen in Poznan und Prag gezeigt, wo bis 1989 insgesamt rund 600 000 Besucher Gelegenheit hatten, es zu sehen.
Gefragte Gesprächspartnerin für die Berliner war vor der Kamera auch Eva Werner aus Stolberg, Vorstandsmitglied im King-Zentrum, die als Politologin an einer Dissertation über Martin Luther King und die DDR arbeitet.

Die Dreharbeiten in Werdau sind Bestandteil des Projekts King-Code. Eine Schulklasse aus dem Westen und eine aus dem Osten Berlins arbeiten ein Jahr lang am Thema Martin Luther King,  besuchen authentische Orte in der Stadt, wo King 1964 auftrat und treffen sich mit Zeitzeugen. Der 45-minütige Film soll zum 50. Jahrestag des Besuches des amerikanischen Bürgerrechtlers in der damals geteilten Stadt im September 2014 von RTL gesendet werden.

Das Werden des Projekts kann im Internet unter https://www.king-code.de/home.htm verfolgt werden.

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In der Wahrheit leben

Texte von und über Ludwig Mehlhorn

Buchpräsentation mit Stephan Bickhardt, evang. Pfarrer Leipzig, und Achim Beier, Archiv Bürgerbewegung e.V.

Donnerstag, 12. September 2013 um 19:00 Uhr im Martin-Luther-King-Zentrum e.V.

ImageLudwig Mehlhorn
geb. 05.01.1950  Bernsbach (Erzg.); gest. 03.05.2011 Berlin

Abitur; Studium der Mathematik; anschließend Programmierer in der Hochschule für Ökonomie Berlin; seit 1969 Mitarbeiter bei der Aktion Sühnezeichen und in der Evang. Studentengemeinde; seit 1975 Mitarbeit in verschieden Friedens- und Menschenrechts-kreisen; 1977 Haussuchung und Verhöre durch das MfS; 1981-1987 Auslandsreiseverbot; 1984 Verweigerung des Reservisten-wehrdiensts; 1985 Berufsverbot; seitdem Hilfspfleger in der Stephanusstiftung Berlin; 1986 Mitinitiator des Antrags auf „Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung“ an die Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg und die Bundessynode, Mitbegründer des gleichnamigen oppositionellen Arbeitskreises; Herausgeber und Autor illegaler Publikationen, u.a. „Aufrisse“, „Spuren“, „ODER“; Übersetzungen aus dem Polnischen; 1987-1989 Mitveranstalter von literarischen Lesungen in Privatwohnungen; September 1989 Mitbegründer der Bürgerbewegung Demokratie Jetzt; Mitarbeit in verschiedenen ehrenamtlichen Gremien, u.a. Stiftung Kreisau für europäische Verständigung, Heinrich-Böll-Stiftung; 1991 Referent im Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg; seit 1992 Studienleiter an der Evangelischen Akademie Berlin-Brandenburg, zuständig für den Themenbereich Mittel- und Osteuropa.
Der vorliegende Band versammelt Texte von und über Ludwig Mehlhorn. Sie geben Einblick in sein kirchliches Engagement, erzählen von seinen Kontakten zur polnischen Opposition und seinem Wirken als Mitbegründer von „Demokratie Jetzt“. Mehlhorn, der in kirchennahen Gruppen arbeitete, der Lesungen in seiner Wohnung abhielt, selbst oppositionelle Schriften verfasste oder aus Polen in die DDR schmuggelte und übersetzte, stand im Fokus der Staatssicherheit. Sein Engagement als Christ führte ihn in den Kampf gegen die Diktatur und für eine Zivilgesellschaft. Die europäische Verständigung zwischen Ost und West galt ihm als wichtige Gegenwartsaufgabe. Neben Texten Mehlhorns zeichnen verschiedene Autoren, Wegbegleiter und Freunde den Lebensweg des Bürgerrechtlers nach.

 – Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen –

„Via Knast in den Westen – Das Kaßberg-Gefängnis und seine Geschichte“

Lesung und Gespräch mit Dr. Nancy Aris und Utz Rachowski

Dienstag, den 28.05.2013 um 19.00 Uhr im Martin-Luther-King-Zentrum

Dr. Nancy Aris, Referentin beim Sächsischen Landesbeauftragten für Stasi-Unterlagen (LStU) wird zusammen mit dem Schriftsteller Utz Rachowski die neu veröffentlichte Publikation des LStU „Via Knast in den Westen. Das Kaßberg-Gefängnis und seine Geschichte“ vorstellen.

ImageDer Sammelband bietet erstmals eine Überblicksdarstellung zum historischen Ort und lässt Betroffene, damalige Akteure sowie Historiker zu Wort kommen. In der früheren Stasi-Untersuchungshaftanstalt saßen all jene Häftlinge ein, die über den Häftlingsfreikauf in die Bundesrepublik abgeschoben wurden – bis 1989 durchliefen mehr als 32.000 Gefangene diesen Weg. Der Jahrzehnte im Verborgenen ablaufende „staatsfreundliche Menschenhandel“ des SED-Regimes reduzierte die Menschen und ihre Schicksale einzig auf die Sach- und Devisenzahlungen der Bundesrepublik, die für die Wirtschaft der DDR lebenswichtig waren. Dies und der Umstand, dass so auch unbequeme Oppositionelle einfach „entsorgt“ werden konnten, machten den Freikauf mit seinen Hintergründen zu einem äußerst zwiespältigen und damit interessanten Thema der jüngeren deutsch-deutschen Geschichte.

Das Gefängnis auf dem Chemnitzer Kaßberg wurde durch die deutschen Diktaturen über das 20. Jahrhundert hinweg stark geprägt. Erbaut im Jahr 1886 als Königlich-Sächsische Gefangenenanstalt ist über seine genaue Nutzung bis 1933 wenig bekannt. Während der NS-Zeit wurden auf dem Kaßberg u. a. Juden und Regimegegner durch die Gestapo und den SS-Sicherheitsdienst inhaftiert und ermordet. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges nutzte die Sowjetische Besatzungsmacht das Gebäude als NKWD-Operativgefängnis. Anfang der 1950er-Jahre wurde auf dem Kaßberg die Untersuchungshaftanstalt der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Karl-Marx-Stadt eingerichtet. Ab Ende der 1960er-Jahre wurde das Kaßberg-Gefängnis auch zur Drehscheibe für den Häftlingsfreikauf.

Veranstaltung des Martin-Luther-King-Zentrums zu den Tagen der Demokratie und Toleranz Buchvorstellung und Gespräch

„Aus einem Land vor unserer Zeit“

Termin:    18.04.2013, 19 Uhr
Ort:         Martin-Luther-King-Zentrum e.V. , Stadtgutstraße 23, Werdau

Referentin: Dr. Anja Hertel

ImageDer Sammelband „Aus einem Land vor unserer Zeit“ enthält Dissertationen von 25 Stipendiaten der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus allen Teilen Deutschlands haben sich mit diesem Projekt auf eine Entdeckungsreise in ein Land „vor ihrer Zeit“ begeben. In anschaulichen, kurzweiligen und lebendigen Geschichten erzählen sie über ihre historischen Streifzüge. Sie berichten über einen untergegangenen Staat, den sie selbst nicht mehr erlebt haben. Dabei spielen Schnitzlers „Schwarzer Kanal“, aufmüpfige Künstler, austrittswillige SED-Genossen genauso eine Rolle wie der UN-Beitritt der DDR 1973.

Dr. Anja Hertel, 1980 in Werdau geboren, studierte Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Leipzig. Ihr Beitrag widmet sich dem Werk des Leipziger Malers Wolfgang Mattheuer.

Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Sachsens

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Geschichte zum Anfassen

Oberbürgermeister besucht Werdauer Martin-Luther-King-Zentrum

Mitte März folgte Oberbürgermeister Stefan Czarnecki einer Einladung des Martin-Luther-King-Zentrums und besuchte die Einrichtung auf der Stadtgutstraße. Dabei informierte er sich über die vielfältigen Arbeitsbereiche, Ausstellungen und Projektangebote des Zentrums, dass sich seit 1998 mit Themen der Gewaltfreiheit, Demokratie, Bürgerbewegung und jüngerer Geschichte beschäftigt.

Georg Meusel berichtete, wie es nach vierjährigen Bemühungen unter abenteuerlichen Bedingungen 1987 gelang, den großen Martin-Luther-King-Dokumentarfilm „Dann war mein Leben nicht umsonst“ aus der BRD in die DDR zu bringen. Dieser hatte dann in zwei Vorstellungen im überfüllten Lutherhaus Werdau seine DDR-Erstaufführung. In 138 Aufführungen in Kirchgemeinden, Friedens- und Menschenrechtsgruppen erreichte er bis zur Friedlichen Revolution mehr als 10 000 Besucher.

Aktiv sind die Mitglieder und Mitarbeiter vor allem auf Landesebene durch Wanderausstellungen und Informationsveranstaltungen. Hier in Werdau sind es vor allem Projekttage von Schulen, Lesungen und Vorträge sowie Bildungsveranstaltungen, die immer wieder Interessenten anlocken. Auch gemeinsam mit dem Werdauer Oberbürgermeister sollen in den nächsten Monaten einige neue Vorhaben in Angriff genommen werden.

Größtes aktuelles Projekt ist es, unter dem Titel „Aus dem Fels der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung hauen“ eine neue Wanderausstellung über den Einfluss des Gedankenguts von Martin Luther King auf die Friedens- und Bürgerbewegung der DDR bis zur Friedlichen Revolution zu gestalten. Anlass ist der 50. Jahrestag von Kings Predigt in der Ost-Berliner Marienkirche, seinem einzigen Besuch im Ostblock im Jahr 2014. Dazu hat das King-Zentrum eine Fülle von Dokumenten, Bildmaterial und Zeitzeugenberichten recherchiert.

Am 28.02.2013 um 19:00 Uhr im Martin-Luther-King-Zentrum, Stadtgutstr. 23, Werdau

Spatensoldaten – vom Mut und den Konsequenzen

Vortrag von Stefan Wolter mit anschließender Diskussion

Der Historiker und ehem. DDR-Bausoldat Stefan Wolter hat kürzlich „Geheime Aufzeichnungen eines Bausoldaten in Prora“ des Leipzigers Uwe Rühle herausgegeben.
Die Existenz der „Spatensoldaten“ war in der DDR weitgehend tabuisiert, Wehrpflichtige wurden auf diese Möglichkeit offiziell nicht hingewiesen: Ab 1964 konnten junge Männer einen waffenlosen Dienst in den Reihen der Nationalen Volksarmee (NVA) ableisten. Bis 1990 wurden ca. 15.000 als „Bausoldaten“ eingezogen. In Anspielung auf den Spaten auf dem Schulterstück der Uniform hießen sie inoffiziell auch „Spatensoldaten“. In den Baueinheiten mussten sie harte körperliche Arbeiten verrichten, erlebten Nötigungen und später massive Diskriminierungen in der Ausbildung, bei der Wahl des Studiums und im Beruf.
Der Leipziger Uwe Rühle (1956 –1989) war 26 Jahre alt, als er die Einberufung als „Bausoldat“ erhielt. Sein Weg führte ihn auf die Insel Rügen, in den „Koloss von Prora“. Die wuchtige Anlage, unter den Nationalsozialisten in den 1930er Jahren als Seebad für 20.000 Urlauber konzipiert, aber nie fertig gestellt, war der Einsatzort für die größte Einheit von „Spatensoldaten“ in der DDR. Uwe Rühle begann, seine ernüchternden Erlebnisse vor Ort aufzuzeichnen. So entstand ein bewegender Bericht davon, wie die friedfertigen Männer gedemütigt und beim Ausbau des Fährhafens ausgebeutet wurden. Die Ehefrau Uwe Rühles schmuggelte die Aufzeichnungen in die Bundesrepublik, erst im vergangenen Jahr wurden sie veröffentlicht.

Der Historiker Stefan Wolter wurde 1967 in Eisenach geboren und studierte Geschichte und Theologie. Wolter war selbst Bausoldat, seine Erfahrungen veröffentlichte er mit seinem Buch „Hinterm Horizont allein – Der Prinz von Prora“. 2008 gründete er mit weiteren Zeitzeugen, Wissenschaftlern und Sympathisanten den Denk-MAL-Prora e. V. Stefan Wolter lebt und arbeitet in Berlin.

Eine Veranstaltung der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, der BStU-Außenstelle Chemnitz und des Martin-Luther-King-Zentrums.

Reflexion zur Multiplikatorenfortbildung

Einführung in die gewaltpräventive Arbeit mit dem Medienpaket „Heimspiel“

Werdau. Am Donnerstag, den 31.01.2013 fand im Martin-Luther-King-Zentrum Werdau eine Fortbildung zur Einführung in die gewaltpräventive Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit dem Medienpaket „Heimspiel“ statt. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Jugendring Westsachsen e.V. in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt Landkreis Zwickau, Sachbereich Kinder- und Jugendschutz, dem Martin-Luther-King-Zentrum Werdau und dem Objektiv e.V. Die Durchführung übernahm Ralph-Torsten Lincke, Mitarbeiter des Objektiv e.V., der Koordinierungsstelle für filmpädagogische Präventionsarbeit und Projektleiter der SchulKinoWochen Sachsen. Teilnehmer der Veranstaltung waren Pädagogen und Sozialarbeiter verschiedener Träger, die als Multiplikatoren im direkten Umgang mit den Jugendlichen die eigenen Erfahrungen mit dem Film und den angebotenen Vor- und Nachbereitungsmöglichkeiten nutzen können.
Image„Ziel unserer Arbeit war es, einen emotionalen und packenden Film zu machen, der zugleich aber auch tiefgehende Fragen unserer Zeit aufwirft. Dabei liefert ‚Heimspiel‘ dem Zuschauer keineswegs die üblichen Antworten. Er soll nachhaltig wirken und eine Plattform bieten, um über Moral, Gerechtigkeit und Gewalt zu diskutieren“, so der Produzent des Filmes Max Permantier. Andreas Vossen (Wotan Wilke Möhring) ist Ethiklehrer an einem Gymnasium – und in seiner Freizeit Hooligan. Er lebt seine Leidenschaft für Gewalt aus, bis ihn ein neuer Schüler (Kai Malina) als Hooligan erkennt. Bald schon stehen sich beide in einem Kampf gegenüber …
Dieser ungewöhnliche und fragenaufwerfende Kurzfilm bildet den Kern eines Medienpaketes mit einem medienpädagogischen Begleitheft. Das Programm Polizeilicher Kriminalprävention versucht damit, junge Menschen beiderlei Geschlechts im Alter von ca. 16 bis 25 Jahren anzusprechen und primär diejenigen zu erreichen, die gewaltgeneigt oder durch Gewalttaten bereits auffällig geworden sind. Die Zielgruppe soll sich anschließend intensiv mit den Folgen von Gewalthandlungen auseinandersetzen und das eigene Verhalten überdenken. Im Verlauf des Gesprächs soll die Perspektive auf die Lebenswirklichkeit der jungen Zuschauer gelenkt werden. Das Medienpaket „Heimspiel“ soll nicht über die Schulen und Polizeilichen Präventionsmaßnahmen umgesetzt werden, sondern über die Orte, an denen sich die Jugendlichen aufhalten. Dies betrifft die außerschulische Jugendsozialarbeit, Streetworker, Mobile und Offene Jugendarbeit.
„Heimspiel“ biete eine Möglichkeit, um eine vielschichtige Diskussion über Gewalt anzuregen. Dabei ist es kein klassischer Präventionsfilm, der belehrt, sondern ein Film, der Fragen aufwirft. Gelingt es, diese Fragen in einer vertrauten Atmosphäre zu besprechen, dann werden Themen wie Akzeptanz und Freude an Gewaltausübung, Macht, Respekt, Ehre, Geschlechterverhältnisse und Kontrolle aufgegriffen, reflektiert und ausgewertet.
Im Anschluss an den emotional ergreifenden Kurzfilm kam zwischen den Teilnehmern und dem Referenten ein intensiver Diskurs zustande, in der die verschiedenen Aspekte der Handlungen und Sichtweisen und mögliche Lösungsansätze analysiert und diskutiert wurden.