Gerhard Schneider ist 90 Jahre alt geworden
Das Martin-Luther-King-Zentrum gratuliert Gerhard Schneider ganz herzlich zum 90. Geburtstag. Er gehörte zu den 19 Werdauer Oberschülern, die 1951 zu insgesamt 130 Jahren Zuchthaus verurteilt worden sind.
Anfänge und Ansätze von Opposition und Widerstand waren in der DDR schon in den frühen Nachkriegsjahren erkennbar. Die erste Volkskammerwahl am 15. Oktober 1950 erfolgte nach undemokratischen Gesichtspunkten, gewählt wurde eine Einheitsliste, die bereits verbindlich die Zahl der Mandate festlegte. In Werdau gründeten zu dieser Zeit 19 Oberschüler, Lehrlinge und junge Arbeiter, inspiriert von der „Weißen Rose“ eine Widerstandsgruppe. Sie protestierte mittels Flugblätter gegen die Manipulation der Volkskammerwahl und übte Kritik am Todesurteil von Hermann Joseph Flade. 1951 wurden die „Werdauer Oberschüler“ zu insgesamt 130 Jahren Zuchthaus verurteilt. 1956 wurden die letzten der Gruppe entlassen. Fast alle begannen in der Bundesrepublik ein neues Leben – bis auf Gerhard Schneider, der heute noch in Werdau lebt.
Eigentlich wollte auch Gerhard Schneider nach seiner Haftentlassung in die Bundesrepublik gehen, doch seine Freundin Ilse (gest. 2013), die so lange auf ihn gewartet hatte, wollte ihren Vater nicht allein lassen. So kehrte er zurück nach Werdau und heiratete 1957 Ilse. Aus der Ehe gingen eine Tochter und zwei Söhne hervor.
Gerhard Schneider absolvierte ein Finanzwirtschaftstudium und arbeitete bis zu seinem Vorruhestand 1994 in der Region. Über die Vorfälle hat er zu DDR-Zeiten geschwiegen. Seinen Kindern hat er erst nach 1990 davon erzählt. 1992 wurde Gerhard Schneider rehabilitiert.