„Aus dem Fels der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung hauen …“
Martin Luther King und die DDR
„Zu beiden Seiten der Mauer leben Kinder Gottes, und keine von Menschenhand errichtete Grenze kann diese Tatsache auslöschen …
Martin Luther King am 13. September 1964 in Ost-Berlin
Durch die Kraft und Gewalt des lebendigen Gottes sind wir in diesem Glauben unterwegs. In diesem Glauben haben wir immer einen Weg gefunden, wo kein Weg zu sein schien … Mit diesem Glauben können wir aus dem Fels der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung hauen.“
Die Ausstellung zeigt exemplarisch, welch starker Hoffnungsträger Martin Luther King für viele in der DDR war. Seine Ideen und sein Vorbild inspirierten Menschen in der Friedens- und Bürgerbewegung.
Spuren Martin Luther Kings, seines Gedankengutes des gewaltfreien Widerstandes, der gewaltfreien Konfliktlösung und dem Beispiel der von ihm inspirierten Aktionen der US-Bürgerrechtsbewegung lassen sich in vielen Bereichen der DDR-Gesellschaft wiederfinden.
In Kirchgemeinden bis zu Oppositionsgruppen verbreiteten sich im Laufe der Zeit Kings Ideen der Gewaltfreiheit, so dass dies auch im Hinblick auf die Friedliche Revolution 1989 nicht ohne Wirkung bleiben konnte.
Vom SED-Zentralorgan „Neues Deutschland“, vom VII. Parteitag der SED, über die CDU bis in Kirchen, Friedens- und Oppositionsgruppen wurde King rezipiert und kommuniziert. Das konnte auch im Hinblick auf die gewaltfreie politische Wende im Herbst 1989 nicht ohne Wirkung bleiben.
Im Umgang mit Martin Luther King zeigte sich der SED-Staat voller Widersprüche und inkonsequent.
King wurde in der offiziellen Presse hochgelobt – seine Gewaltlosigkeit jedoch abgewertet, intern der gewaltfreie Widerstand für die DDR als „gesellschaftsgefährlich und subversiv“ eingeschätzt.
Die CDU hofierte King und verlegte Bücher von ihm und über ihn, die Oppositionellen als Lektüre dienten. Aber als angepasste Blockpartei vertrat sie im Staat eine Linie, die diesem Geist nicht entsprach.
Weder Presse noch Rundfunk kündigten im September 1964 Kings Besuch in Ost-Berlin an. Und doch ließen die DDR-Grenzer ihn ohne Pass und Visum am Check Point Charlie die Mauer passieren und King konnte ungehindert vor 3 000 DDR-Bürgern sprechen.
Die Stasi befürchtete, dass durch den großen King-Dokumentarfilm „… dann war mein Leben nicht umsonst“ der DDR-Bevölkerung gezeigt werde, „wie man Widerstand organisiert und auch durchhält“. Trotzdem verhinderte der SED-Geheimdienst nicht, dass der Film in Kirchgemeinden und Friedensgruppen gezeigt wurde und etwa 20 000 Zuschauer erreichte.
Das philatelistische Exponat „Martin Luther King – gewaltloser Kampf gegen Unterdrückung und Krieg“ wurde auf nationalen Ausstellungen gezeigt, nach Wolgograd sowie zu Weltausstellungen in Poznan und Prag delegiert. Dann verhinderte die Stasi, das Exponat in der Bundesrepublik auszustellen und konstruierte aus dem Vorhaben den Straftatbestand „Ungesetzliche Verbindungsaufnahme“.
In den Kirchen wurden Kings Ideen und Kampf oftmals auf Feindesliebe und Märtyrertum reduziert. Dennoch spielte in Kirchgemeinden und Friedensgruppen unter kirchlichem Dach das Gedankengut des gewaltfreien Widerstands und die emanzipatorischen Ideen eine große Rolle.
Am 9. Oktober 1989, der die Friedliche Revolution entschied, bezog sich die Predigt in der Reformierten Kirche Leipzig vor Tausenden Besuchern ausdrücklich auf Martin Luther King. Er habe „den Menschen unserer Zeit gezeigt, dass durch Gewaltlosigkeit etwas grundsätzlich verändert werden kann“. Das während des Busboykotts von Montgomery 1955/1956 erwachte Selbstbewusstsein der Schwarzen wurde mit dem „Erwachsenwerden“ der Menschen in der DDR 1989 verglichen. Dann wurde vor Beginn der Großdemonstration der Aufruf „Keine Gewalt“ der Leipziger Sechs verlesen.
Die Ausstellung umfasst 20 Rollup-Tafeln (85×218 cm).