Rückblick 2014

50 Jahre Friedensnobelpreis für Martin Luther King – philatelistische Ausstellung in Werdau

Individuelle Sonderbriefmarken zum Thema bereichern die Veranstaltung

Zwickau/Werdau. Für Mittwoch, den 10. Dezember 2014 um 18:30 Uhr, laden das Martin-Luther-King-Zentrum Werdau e.V. und die Zwickauer Briefmarkenfreunde e.V., vertreten durch seinen Vorsitzenden Horst Vorberg, gemeinsam zur Ausstellungseröffnung „Martin Luther King – gewaltfreier Kampf für Gerechtigkeit und Frieden“ ins King-Zentrum in Werdau-West ein. Anlass für die Briefmarken-Werbeschau ist der 50. Jahrestag der Verleihung des Friedensnobelpreises an Martin Luther King am 10. Dezember 1964 in Oslo. Es werden 75 Blätter aus dem 100seitigen philatelistischen Exponat über King von Georg Meusel gezeigt.

Voraussichtlich wird auch die Ausgabe von sechs individuellen Sonderbriefmarken mit Martin-Luther-King-Motiven aus dem Jahr 1964 präsentiert, die in geringer Auflage erscheinen und zu je 45 Cent frankaturgültig sind. Sie zeigen Fotos von Kings Besuch bei Papst Paul VI. im Vatikan, von seiner Predigt in der St Paul’s Cathedral in London und von der Nobelpreisverleihung in Oslo. Wenn sie von der Deutschen Post rechtzeitig geliefert werden, können Sammler die Postwertzeichen mit dem Jubiläumsdatum der Nobelpreisverleihung am 10. Dezember bei der Post stempeln lassen bzw. ihre Weihnachtspostkarten damit frankieren.

Die Ausstellung im Martin-Luther-King-Zentrum Werdau wird voraussichtlich bis zum „King-Day“ am 19. Januar 2015 gezeigt, dem auf Kings Geburtstag folgenden Montag, der in den USA offizieller Feiertag ist.

„Grenzbilder und Wendegeschichten“ im Rathaus zu Werdau

Verein „Vielfalt für Bürger“ lädt zu Veranstaltung über deutsche Teilung, Friedliche Revolution und Grenzöffnung ein

Neukirchen/Werdau. Der Verein „Vielfalt für Bürger“ Neukirchen lädt in Zusammenarbeit mit dem Martin-Luther-King-Zentrum Werdau für Dienstag, den 18. November 2014 um 15 Uhr, zu einer Veranstaltung „Grenzbilder und Wendegeschichten“ in den Stadtverordnetensaal des Rathauses Werdau ein. Das etwa zweistündige Programm, erinnert nochmals an die Friedliche Revolution und die Öffnung der deutsch-deutschen Grenze vor 25 Jahren. Dazu gehören eine Foto-Collage und ein Kurzfilm „Mödlareuth – ein geteiltes Dorf“, Original-Plakate und –Transparente von den Demonstrationen und vom Wahlkampf 1989/1990, ein Zeitzeugenbericht über das Friedensseminar Königswalde mit Elke Herrmann, die Powerpoint-Präsentation „Wunde Punkte – Wendepunkte“ mit „bewegten und bewegenden Bildern“ aus den Jahren 1989/1990 von Georg Meusel, eine Diskussion und ein Kurzfilm über den innerdeutschen Grenzabschnitt Schifflersgrund. 
Die Moderation übernimmt Dr. Hansjürgen Beier.

Wanderausstellung

„Es ging seinen Gang – Kritische Literatur in der DDR“

Eröffnung am Donnerstatg, 6. November 2014 um 18:30 Uhr in der Stadtbibliothek Chemnitz im TIETZ, Moritzstraße 20, 09111 Chemnitz, mit dem Schriftsteller und Sächsischen Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen Lutz Rathenow.

„Immer wieder waren Bücher imstande, Unruhe zu erzeugen oder in gesellschaftliche Auseinandersetzungen einzugreifen“ beschreibt es der einstige DDR-Schriftsteller Jurek Becker zutreffend. Obwohl sich viele der Autoren als Sozialisten verstanden, kontrastierten sie Schein und Sein, Anspruch und Wirklichkeit des real existierenden Sozialismus im Rahmen der gegebenen Grenzen, die sowohl durch die herrschende Doktrin als auch vom Bewusstsein des jeweiligen Autors bestimmt wurden.

Die Ausstellung stellt auf 20 Roll-Up-Tafeln beispielhaft kritische DDR-Autoren vor (Volker Braun, Erwin Strittmatter, Brigitte Reimann, Stephan Heym, Christa Wolf, Franz Fühmann, Erich Loest, Reiner Kunze, Monika Maron, Frank-Wolf Matthies, Adolf Endler, Lutz Rathenow). Darüber hinaus werden Beispiele zur Rezeption und Verbreitung von Literatur in der DDR aufgezeigt.
Die Ausstellung wurde gefördert von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, dem Sächsischen Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, dem Landkreis Zwickau und der Stadt Werdau.

Sie ist bis zum 6. Januar 2015 zu den Öffnungszeiten der Stadtbibliothek zu sehen.
Herzliche Einladung!


Bilder von der Eröffnung


 

Geld stinkt doch

Die Friedliche Revolution und die Deutsche Bank

Im Rathaus zu Werdau berichteten am 3. November, genau 25 Jahre nach dem ersten Friedensgebet und der ersten Demonstration in der damaligen Kreisstadt, während und nach einem Multimediavortrag über die Friedliche Revolution über persönliche Erlebnisse und Eindrücke. Sie brachten diese in aktuellen Bezug, wie sie beispielsweise damals Freie Wahlen forderten und heute eine Wahlbeteiligung von weniger als 50 Prozent erleben.

„Die Revolution geht weiter“ – Manfred Bauer aus Dresden, der 1989 im kirchlichen Bereich zu den Hauptakteuren in Werdau gehörte, widersprach seinem damaligen Mitstreiter Georg Meusel, der dazu eingeladen hatte, zur Erinnerung an der früheren SED-Kreisleitung wie damals Kerzen abzustellen. Bauer meinte, diese Kreisleitung gebe es ja nun nicht mehr. Aktuell sei aber nach wie vor, was er damals in der Zeit der „DDR-Aluchips“ öffentlich als Befürchtung ausgesprochen und was sich bewahrheitet habe: dass „die Zeit des harten Geldes zu einer harten Zeit des Geldes“ wird, dass wir von der SED-Diktatur unter die Diktatur des Gelde geraten seien. Er schlug eine Mahnwache mit den mitgebrachten Kerzen an der Deutschen Bank vor, wofür er einen Karton mit der Aufschrift
„Geld arbeitet nicht“ vorbereitet hatte. Damit sollte angemahnt werden, wie die Finanzwelt ohne Werte zu schaffen, mit virtuellen Manipulationen Geld von unten nach oben verteilt, womit Einzelne auf Kosten der Vielen sich bereichern. Speziell die Deutsche Bank sei mit ihren Geschäften in Menschenrechtsverletzungen,  Umweltverschmutzung und Waffengeschäfte verstrickt.

Eine Gruppe Werdauer beteiligten sich dann an der Filiale der Deutschen Bank in Werdau an dieser symbolischen Aktion. Eine Kerzen-Mahnwache unter dem Slogan „Geld arbeitet nicht“ an der Deutschen Bank in Werdau prangert die Tatsache an, dass dieeinen in harter Schichtarbeit bei VW am Band stehen und Werteschaffen, während die Finanzwelt mit virtuellem Geld eine gigantische Umverteilung der erwirtschafteten Werte von unten nach oben umverteilen.                                                                                                                                                                                                                                   Georg Meusel

Stadtrundgang zu Stationen der Friedlichen Revolution in Werdau

Auf den Tag genau 25 Jahre nach dem ersten Friedensgebet und der ersten Demonstration während der Friedlichen Revolution in Werdau boten Zeitzeugen eine thematische Stadtführung zu Stationen der damaligen Ereignisse an. An der ehemaligen Kreisdienststelle des Ministeriums für Staatssicherheit berichteten Zeitzeugen, wie sie Anfang Dezember 1989 Einlass begehrten und die Räume besichtigten, um den Abtransport und die Vernichtung von Akten zu stoppen. Als sie das Waffenarsenal im Keller gesehen hatten, verlangten sie dessen Übergabe an die Volkspolizei. Der Leiter der Dienststelle, Major Rainer Dörr, antwortete: „Wann hätten sie’s denn gern?“ und die Bürger sagten: „Morgen mittag um eins“. Am nächsten Tag stand ein Polizei-LKW in der Einfahrt. Unter den Augen der Demonstranten zählten Stasileute jede Kalaschnikow und jedes Munitionsmagazin den Volkspolizisten vor und trugen sie in eine Liste ein. 

Vor dem Tor der früheren Stasi-Kreisdienststelle Werdau zeigt einer der damaligen Hauptakteure der Friedlichen Revolution im Kreis Werdau eine Erinnerungstafel, die am authentischen Ort angebracht werden soll. Ein „Weg der Friedlichen Revolution“ markiert in Werdau und Umgebung 17 Stationen, wo 1989/1990 besondere Ereignisse und Aktionen stattfanden.
                                                                  Georg Meusel

Das Wunder vom Checkpoint Charlie

Kollege Martin Luther King – der Mann, der durch die Mauer ging
Der “Negertheologe” Martin Luther King ohne Pass und Visum in der “Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik” Martin Luther Kings Ost-Berlin-Besuch vor 50 Jahren, am 13. September 1964

Mit der Kreditkarte durch die Berliner Mauer
„Am 13.9.1964 gegen 19.40 Uhr erscheint der Negertheologe Dr. Martin Luther King … zur Einreise mit einem VW Bus BZX 27 an unserem KPP”, dokumentiert es Oberst Engelbrecht von den DDR-Grenztruppen gegenüber der Hauptabteilung Passkontrolle und Fahndung des Ministeriums für Staatssicherheit an dem Kontrollpunkt, der im Westen Checkpoint Charlie genannt wird.

„In seiner Begleitung befinden sich zwei USA-Bürger … Diese beiden Bürger geben am Schalter an, dass ihr Kollege, sie nannten keinen Namen, den Reisepass in Westberlin vergessen hat.“ Nun, er hatte ihn nicht vergessen. Das US State Department wollte nicht, dass King, der in den USA von seinen Gegnern als „Kommunist“ verschrien war, zu den „Kommunisten“ reist, und hatte seinen Pass eingezogen. So sein Begleiter und Dolmetscher Ralph Zorn, Pfarrer für die in West-Berlin stationierten US-Truppen.

Wenige Tage vor seinem Berlin-Besuch hatte sich Martin Luther King gegen die Präsidentschaftskandidatur des konservativen Hardliners der Republikaner Barry Goldwater ausgesprochen, der die Bürgerrechtsgesetze zurückschrauben wollte und zur US-Aussenpolitik erklärte, mit der Atombombe könne man „prima den vietnamesischen Dschungel entlauben“. Dafür wurde King im Zentralorgan der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), dem NEUEN DEUTSCHLAND, hoch gelobt. Doch so nah, dass er in Ost-Berlin predigte, wollte die SED-Führung mit ihrer Ideologie der bewaffneten Revolution und des Befreiungskrieges den afroamerikanischen Bürgerrechtskämpfer mit seiner Gewaltlosigkeit nun auch wieder nicht haben, zumal Parallelen der politisch-ideologische Diskriminierung in der DDR zur rassischen Diskriminierung in den USA vielen ihrer Bürger längst aufgefallen waren. Wenige Tage zuvor, am 1. September, war das Bausoldatengesetz zur Entkriminalisierung, aber auch zur Kanalisierung der Wehrdienstverweigerer in der DDR, in Kraft getreten und daher das Thema Gewalt und Gewaltfreiheit in vieler Munde. Keine Zeitung, kein Rundfunksender der DDR meldete Kings Ost-Berlin-Besuch. Doch die Mund-zu-Mund-Propaganda in den Kirchgemeinden funktionierte und der West-Berlin-amerikanische Sender RIAS half ein wenig nach.

Rund 3000 Menschen standen nichtsahnend vor dem Portal der Marienkirche am Alexanderplatz, wo sich der Neptunbrunnen befindet, als Martin Luther King am Checkpoint Charlie gerade Richtung Westen umkehren wollte.
„Sie wollen jetzt zur Marienkirche zur Predigt“, schrieb der DDR-Grenzoffizier weiter in seinen Bericht an die Stasi. „Da der bis dahin noch nicht bekannte Dr. King sich nicht ausweisen konnte, sagten wir ihm, dass er ohne Pass nicht ins demokratische Berlin einreisen kann. Als alle drei Bürger nach West-Berlin zurückgehen wollten, erkannte der Unterleutnant Lindemann den Dr. King.“

Und nun folgt das Wunder vom Checkpoint Charlie mit Hilfe eines Engels, der den Engel im Namen führte, aber die Uniform eines Offiziers der DDR-Grenztruppen trug:
„Er hielt die drei Personen auf und verständigte den Unterzeichnenden. Danach  befragt, ob der Dr. King irgend einen anderen Pass bei sich trage, wies er einen Scheckausweis der USA vor … Der Ausweis ist gesiegelt und vom Dr. King unterschrieben …“ Mit der Kreditkarte, ohne Pass und Visum, liess DDR-Oberst Engelbrecht nach Ost-Berlin einreisen.

Schüsse in den „stillen Strassen jenseits der Mauer“
Am 12. September 1964 war Martin Luther King der Einladung des Regierenden Bürgermeisters von West-Berlin, Willy Brandt, zu einer Gedenkveranstaltung für den vor rund einem Jahr ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy gefolgt, der kurz zuvor im Westen der geteilten Stadt unter dem Jubel der Massen seinen zur Legende gewordenen Ausspruch „Ich bin ein Berliner“ getan hatte. Zum „Tag der Kirche“ sprach King am 13. September vor rund 20 000 Zuhörern in der Waldbühne, im Rahmen der „Berliner Festwochen“ im Gedenken an Kennedy in der Philharmonie, und besichtigte die Mauer. Die Kirchliche Hochschule verlieh ihm den Ehrendoktortitel. Willy Brandt sprach die Bedeutung Kings auch für die Menschen jenseits der Mauer an: „Ich begrüsse Herrn Dr. Martin Luther King, der mit Mut und Mass sein Leben dieser grossen Aufgabe gewidmet hat, der Freiheit und seinem Land zu helfen, indem er für die Gerechtigkeit seiner Brüder kämpft. … Ich wäre froh, wenn von diesem Ort eine Botschaft des Selbstvertrauens und der Hoffnung ausgehen würde zu vielen Völkern, aber auch in „den stillen Strassen jenseits der Mauer“, von denen Kennedy sprach. Zu allen Menschen, die über die zuweilen engen Fragestellungen der Politik hinweg einem Leben in Frieden und Freiheit und Würde entgegenstreben.“

Fast zeitgleich hallen Schüsse durch die „stillen Strassen jenseits der Mauer“. Der Flüchtling Michael Meyer wird von fünf Kugeln verletzt und von einem US-Sergeanten mit einem Seil über die Mauer gezogen. Der „Apostel der Gewaltlosigkeit“ eilt mit seinen Begleitern zum Ort des Geschehens, wo Einschusslöcher an einer Hauswand zu sehen sind. Der Mauerflüchtling erklärt später, King habe ihn im Krankenhaus besucht. Doch darauf findet sich weder bei King selbst noch bei Zeitzeugen ein Hinweis.

Eine verwaiste Kirche mitten in Berlin
Wer ihn denn nach Ost-Berlin eingeladen habe, wurde Martin Luther King am Vortag bei seiner Ankunft gemeinsam mit seinem besten Freund, Mitstreiter und Mahner im Blick auf seine gelegentlichen sexuellen Kapriolen mit anderen Frauen als mit seiner Coretta, Reverend Ralph Abernathy, von Reportern gefragt. King bezog sich auf Propst Heinrich Grüber, bekannt geworden durch sein Büro in Berlin, in dem er während des Nationalsozialismus mit gefälschten Pässen Juden zur Ausreise verholfen hatte. Dafür warer in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Dachau inhaftiert worden. Nach dem Krieg sagte er als einziger Zeuge, der Christ war, im Eichmann-Prozess aus. Er wurde Bevollmächtigter der Evangelischen Kirche bei der DDR-Regierung, bis diese ihm 1958 die Akkreditierung entzog. Nach dem Mauerbau 1961 erfolgte ein Willkürakt, der selbst der Verfassung der DDR widersprach. Grüber als Propst der Ost-Berliner Stadtkirche St. Marien wurde, wie auch der für ganz Berlin zuständige Präses Kurt Scharf, aus der DDR ausgebürgert, 15 Jahre,  bevor dies dem Liedermacher Wolf Biermann widerfuhr.

Einer der beiden Pfarrer der Marienkirche war im Gefängnis, weil er Menschen zur Flucht nach dem Westen verholfen hatte, der andere war in den Westen übergesiedelt, so dass keiner der drei Geistlichen der gastgebenden Kirchgemeinde anwesend war, als Martin Luther King eine Gasse durch die wartende Menge vor dem Portal gebahnt wurde. Der gerade neu ins Amt gekommene Superintendent Gerhard Schmitt übernahm aus Verlegenheit die Begrüssung des Gastes aus den Vereinigten Staaten.

„Kinder Gottes zu beiden Seiten der Mauer“ – „Aus dem Fels der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung hauen“
Von den wartenden 3000 konnte nur die Hälfte in das Gotteshaus am Neptunbrunnen gegenüber dem Roten Rathaus eingelassen werden. Doch spontan wurde zu nächtlicher Stunde noch ein zweiter Gottesdienst mit dem schwarzen Bürgerrechtskämpfer angesetzt. Nachdem der Chor des „Paulinums“, kirchliche „Schmalspur“-Ausbildungsstätte für Theologen, die nicht an den Universitäten der DDR studieren durften, Gospels gesungen hatte, trat atemlose Stille ein, als Martin Luther King auf der Schlüter-Kanzel der seit Jahrhunderten renommiertesten Kirche Berlins seine fast prophetische Predigt begann: „Meine lieben christlichen Freunde in Ost-Berlin … Zu beiden Seiten der Mauer leben Gottes Kinder und keine von Menschenhand errichtete Grenze kann diese Tatsache auslöschen“. Dann berichtete er von der schwarzen Näherin Rosa Parks, die sich 1955 in Montgomery/Alabama eines Tages geweigert hatte, im Bus ihren Sitzplatz einem Weissen frei zu machen, Auslöser für den 361 Tage währenden Busboykott von Montgomery, der die Rassendiskriminierung in den USA in Zeitungen und die ersten Fernsehbildschirme in aller Welt öffentlich machte. Kings weisser Amtskollege aus West-Berlin, der sonst den GIs predigte, übersetzt in holprigem Deutsch. King spricht von dem gemeinsamen Glauben und wagt Worte, die für die DDR, wo christlicher Glaube hinter Kirchenmauern verbannt wurde, unerhört sind: „Das ist der Glaube, den ich euch anbefehle, … ein lebendiger, aktiver, grosser, öffentlicher Glaube, der uns den Sieg Jesu Christi bezeugt in der Welt, ob es eine östliche oder westliche Welt sei. In diesem Glauben werden wir aus dem Fels der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung hauen. … In diesem Glauben werden wir miteinander arbeiten, miteinander beten, miteinander kämpfen, miteinander leiden, miteinander für die Freiheit aufstehen in der Gewissheit, eines Tages frei zu sein.“

Gebannte Stille, geklatscht hat zu dieser Zeit noch niemand in einer deutschen Kirche. Als Kings Nachfolger Ralph Abernathy 1974 in Ost-Berlin von einer Kanzel sprach, brach er seine Predigt frustriert ab, als niemand „O yes Lord“ oder „Hallelujah“ rief. Doch was in Köpfen und Herzen von DDR-Bürgern geschah, die King im September 1964 erlebten, ist kaum zu ermessen. Eine damals junge Frau erklärte Jahrzehnte später: „Ich habe nicht alles verstanden, was Martin Luther King sagte, aber dieser Mann mit seiner Predigt hat mein Leben verändert“.

Eine seit 35 Jahren erloschene Stimme wird lebendig
Was Martin Luther King damals gesagt hat und was auf andere Weise, durch Bücher von ihm und über ihn, durch Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen, durch Vorträge und Ausstellungen von seinem Gedankengut in Kirchgemeinden, Friedens- und Bürgerrechtsgruppen in die DDR einfloss, hinterliess eine Segensspur und schuf viele Multiplikatoren seiner Ideen und seiner Praxis der Gewaltfreiheit als gesellschaftsverändernder Faktor.

Was King 1964 in Ost-Berlin genau gesagt hat, wäre längst verloren, hätte es nicht ein zweites Wunder wie das vom Checkpoint Charlie gegeben. 39 Jahre nach der Rede, so viele Jahre wie sein gesamtes Lebensalter, 35 Jahre nach dem gewaltsamen Tod des Protagonisten der Gewaltfreiheit, wurde nach Recherchen des Martin-Luther-King-Zentrums für Gewaltfreiheit und Zivilcourage Werdau in Sachsen in einem Tresor im Keller der Marienkirche Berlin eine alte Orwo-Tonbandspule mit einem Mitschnitt der King-Predigt gefunden. Archivwissenschaftler meinten, die Haltbarkeit eines solchen Magnetbandes betrage bis zu 25 Jahren, wenn das Band jedes Jahr mindestens einmal umgespult wird, damit nicht die ständig aufeinanderliegenden gleichen Magnetschichten sich gegenseitig löschen, was allerdings niemals gemacht worden war. Tontechniker Falk Menke in Dresden liess das Band anlaufen. Es rauschte, knackte, brummte, und Menke sagte: „Da ist nur noch das Eigenrauschen des Bandes drauf“. Dann wendete er die Spule. Es rauschte, knackte und brummte. Und aus dem Rauschen heraus erwachte, dumpf, aber verständlich und fast vollständig restaurierbar, die Stimme des seit 35 Jahren toten Martin Luther King noch einmal zum Leben: „Meine lieben christlichen Freunde in Ost-Berlin …“

Viele Bildende Künstler in der DDR griffen Martin Luther King in Bild, Plastik und Textgrafik auf. Eberhard Tacke aus Berlin verbreitete zu Tausenden illegal gedruckte Grafikpostkarten mit einem King-Porträt und dem Zitat „Die Macht des Schwertes kann die Macht des Geistes nicht überwinden“. Es wurden Songs und zwei Oratorien über ihn geschaffen.
Ein 80seitiges philatelistisches Exponat „Martin Luther King – gewaltloser Kampf gegen Unterdrückung und Krieg“ tourte seit 1970 durch die DDR, wurde 1973 in Poznan und 1988 in Prag auf Weltausstellungen gezeigt sowie 1978 in Wolgograd und erreichte Hunderttausende Ausstellungsbesucher.

Im Jahr 1987 gelang es nach vierjährigen Bemühungen, zum Teil unter abenteuerlichen Bedingungen, wie dem Schmuggel von DDR-Sammlerbriefmarken, um das West-Geld für die Anschaffung zusammenzubekommen, den grossen Martin-Luther-King-Dokumentarfilm „… dann war mein Leben nicht umsonst“, in die DDR zu bringen. Unter den argwöhnischen Augen der Staatssicherheit, die den Film aber nicht behinderte, wurde er vom Evangelischen Jungmännerwerk Magdeburg bis zur Friedlichen Revolution im Herbst 1989 in 138 Vorführungen vor 10535 Zuschauern gezeigt.

In einem der drei Friedensgebete in den grössten Kirchen Leipzigs am 9.Oktober 1989, in der Reformierten Kirche, war die Predigt von Pfarrer Hans-Jürgen Sievers ausschliesslich Martin Luther King und seinem Gedankengut der Gewaltfreiheit gewidmet, bevor der Aufruf der „Leipziger Sechs“: „Keine Gewalt“, verlesen wurde und die Tausenden Zuhörer sich dem Demonstrationszug der mehr als 70 000 anschlossen, der die Wende zur Gewaltfreiheit erreichte und die Bürgerproteste zur Friedlichen Revolution werden liessen.

„… dann war mein Leben nicht umsonst“ – Martin Luther Kings Leben, auch für die Menschen in der Deutschen  Demokratischen Republik.

Georg Meusel

„Aus dem Fels der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung hauen“

50 Jahre Martin Luther King in West- und Ost-Berlin, München und Rom
Exponate zur Thematik in Lugano, London und Berlin

Lugano/London/Berlin. Während in Berlin eine Festwoche aus Anlass des  50. Jahrestages von Martin Luther Kings West- und dem spektakulären Ost-Berlin-Besuch am 13. September 1964, seinem einzigen Ost-Block-Besuch überhaupt, begangen wird, werden in Lugano und London sowie im Nachgang während der Berliner Festspiele Exponate zum Thema gezeigt.

In Lugano zur multilateralen Ausstellung ALPENADRIA, die parallel zur  „ESPOSIZIONE DI FILATELIA NAZIONALE“ im Centro Esposizioni Padiglione Conza zu sehen ist, wird von Freitag,12. bis Sonntag, 14. September 2014, das 90seitige Exponat „Martin Luther King – Gewaltfreier Kampf für Gerechtigkeit und Frieden“ von Georg Meusel ausgestellt, 1998 Gründungsinitiator des Martin-Luther-King-Zentrums für Gewaltfreiheit und Zivilcourage in Werdau/Sachsen, Deutschland.

Das Exponat wurde schon zu DDR-Zeiten,1970, gestaltet, ausserhalb der DDR auch zu Weltausstellungen 1973 in Poznan/Polen und 1988 in Prag/CSSR sowie 1978 in Wolgograd/Sowjetunion und 1988 in Karlsruhe/BRD gezeigt und seitdem weiter ausgebaut.

Von Freitag, 19. bis Sonntag, 21. September ist das philatelistische King-Exponat Bestandteil der bilareralen Ausstellung Deutschland-Grossbritannien „STAMPEX“ in London.

Am Sonntag, den 5. Oktober, findet im Rahmen der Berliner Festspiele „Ein Tag für Martin Luther King“ statt. Dabei wird im Haus der Berliner Festspiele auf 20 grossformatigen Rollups die Wanderausstellung des Martin-Luther-King-Zentrums „Aus dem Fels der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung hauen – Martin Luther King und die DDR“ gezeigt. Diese Exposition war erstmals 2013 in der Marienkirche in Berlin zu sehen, wo King 1964 gepredigt hat, und ist seitdem deutschlandweit unterwegs.

Anhand von Fotos, Dokumenten und Texten zeigt die Expo auf, welche Segensspur King in der kommunistischen DDR in Kirchgemeinden, in der Friedens- und Bürgerbewegung bis hin zur Friedlichen Revolution vor 25 Jahren hinterlassen hat. Zum Beispiel war eines der drei Friedensgebete in den grössten Kirchen in Leipzig, aus denen sich am 9. Oktober 1989 die Massendemonstration der mehr als 70 000 Menschen entwickelte, die die Wende zur Gewaltfreiheit erreichte, in der Reformierten Kirche, dem Thema Martin Luther King und seiner Botschaft gewidmet.

Martin Luther King war im September 1964 einer Einladung des Regierenden Bürgermeisters von West-Berlin, Willy Brandt, gefolgt und sprach vor 20 000 West-Berlinern in der Waldbühne. Wie durch ein Wunder konnte er ohne Pass und Visum am Grenzübergang „Checkpoint Charlie“ die Mauer durchschreiten und in den Ost-Berliner Kirchen St. Marien und St. Sophien vor mehr als 3 000 DDR-Bürgern predigen.

Anschliessend machte King kurz Station in München, bevor er zu einer Privataudienz bei Papst Paul VI. nach Rom weiterflog.

In den USA zurück, erreichte ihn während eines Krankenhausaufenthalts die Nachricht, dass er den Friedensnobelpreis erhalten soll. Im Dezember besuchte er London, wo er mit dem Indischen Premier Shastri zusammentraf.

Dann reiste er weiter zur Preisverleihung nach Oslo. Dort hielt er, der bis dahin jüngste Friedensnobelpreisträger, seine Rede „Die neue Richtung unseres Zeitalters“ über den Kampf gegen Rassismus, Armut und Krieg.

Im Jahr 1966 wollte der Bürgerrechtler und Baptistenpfarrer aus Atlanta nochmals nach Europa reisen, als er zur Weltkonferenz für Kirche und Gesellschaft in Genf in der St.-Pierre-Kathedrale die Eröffnungspredigt halten sollte. Per Telegramm sagte er seinen Besuch aufgrund von Rassenunruhen in Chicago kurzfristig ab. Seine Predigt wurde via „Filmband“, wie ein Video damals genannt wurde, nach Genf übertragen. Er stellte sie unter das Thema „Ein Klopfen um Mitternacht“ über das Gleichnis Jesu vom „Bittenden Freund“, der nachts um Einlass bittet. King bezog das auf die manchmal mit sich selbst beschäftigte Kirche, an die sich Menschen in Not oftmals vergeblich wenden würden. Die Weltkonferenz antwortete mit einem Brief an King, in der die Autoren betonten, dass die Nöte der Welt Vorrang vor Kirchentreffen haben müssten.
Kings Telegramm gehört zu den seltensten erhaltenen  postalischen Dokumenten von ihm.

Auf den Tag genau ein Jahr nach Kings Rede in der Riverside-Church in New York gegen den Vietnamkrieg, den er als erster prominenter Amerikaner öffentlich anprangerte, wurde der Bürgerrechtler und Friedensaktivist am 4. April 1968 ermordet.

Vor und während der Ausstellungen in Lugano, London und Berlin ist der Exponatgestalter Georg Meusel telefonisch über 0170-4641496 und persönlich zu erreichen.

Ehrenvorsitzender des King-Zentrums demonstriert in Russland mit „Schwerter-zu-Pflugscharen“

Georg Meusel, Gründungsinitiator und Ehrenvorsitzender des Martin-Luther-King-Zentrums, demonstrierte im August 2014 während des bewaffneten Ukraine-Russland-Konflikts von einem Postschiff auf dem Jenissej aus an Anlegestellen vor den Toren von Städten, wo viele Passagiere aus- und einstiegen und viele Einheimische die Aussteigenden willkommen hießen, für eine gewaltfreie Konfliktlösung.

Er hatte eine DDR-Fahne mit dem Schwerter-zu-Pflugscharen-Symbol, die laut Verfassungsentwurf des Zentralen Runden Tisches im Januar 1990 neue DDR-Staatsflagge werden sollte, an Bord geschmuggelt. Nachdem Meusel die Fahne an der Reling festgebunden hatte und von Bord gegangen war, war sie nach seiner Rückkehr verschwunden. Er vermutete, dass die Bordpolizei die Fahne konfisziert hätte. Nach der Ankunft des Schiffes in Dudinka, der nördlichsten Stadt der Welt, gab der Kapitän des 130-Personen-Schiffes zur freudigen Überraschung des Demonstranten ihm unversehrt die Flagge zurück.

Foto: Karin Stempel

Unter den Augen der Polizei hisste Georg Meusel vom Martin-Luther-King-Zentrum während einer privaten Sibirien-Reise im August 1014 in Krasnojarsk im Hotelfenster die Regenbogen-Friedensfahne als kleines Zeichen für eine friedliche Konfliktlösung zwischen Russland und der Ukraine.

In guter Gesellschaft

Margot Käßmann Ehrenmitglied des Martin-Luther-King-Zentrums

Berlin/Werdau. Mit großer Freude nahmen die Vorstandsmitglieder des Martin-Luther-King-Zentrums für Gewaltfreiheit und Zivilcourage e.V. Werdau einen handschriftlichen Brief von Professorin Dr. Dr. h.c. Margot Käßmann, Botschafterin des Rates der EKD für das Reformationsjubiläum 2017, in Empfang: „Sehr gerne nehme ich die Ehrenmitgliedschaft an.“

In Predigten und vor der Presse hatte Margot Käßmann immer wieder davon berichtet, wie sie  während eines USA-Aufenthaltes 1974 begonnen habe, sich für King zu interessieren, nachdem sie dort selbst Rassismus erlebt habe. Die Theologin bekannte, dass sie seinerzeit durch das Gedankengut Martin Luther Kings inspiriert worden sei, überhaupt Theologie zu studieren.
Zum 50. Jahrestag von Martin Luther Kings Rede „Ich habe einen Traum“ zum Marsch auf Washington 1963 erklärte Margot Käßmann im vorigen Jahr in Deutschlandradio Kultur: „Mich hat fasziniert, dass der Mensch so fromm und so politisch gleichzeitig sein kann“. Sie betonte, King habe immer zum Gewaltverzicht aufgerufen. Darin sehe sie Parallelen zu den Montagsdemonstrationen in der DDR. In Leipzig, Dresden und Ostberlin sei 1989 der Ruf „keine Gewalt“ von den Kirchen ausgegangen.

In einem Gespräch Margot Käßmanns am Donnerstag, den 17. Juli 2014 in Berlin mit dem Gründungsinitiator des Martin-Luther-King-Zentrums von 1998 Georg Meusel, der heute Ehrenvorsitzender ist, traten viele Gemeinsamkeiten  zu Tage. Sei es dieses „politische Christentum“ Martin Luther Kings, der immer wieder bestrittene, doch unübersehbare  Erfolg gewaltfreier Aktionen von der Befreiung Indiens unter Gandhi bis zur Friedlichen Revolution in der DDR, der Widerspruch zu den Aussagen von Bundespräsident Gauck zum „Einsatz militärischer Mittel als letztes Mittel“ und „dass es wieder deutsche Gefallene gibt, ist für unsere glücksüchtige Gesellschaft schwer zu ertragen.“ Einig waren sich die beiden Martin-Luther-King-Verehrer auch in ihrer deutlichen Kritik an der deutschen Rüstungsexport-Politik.

Georg Meusel hatte sich seit den 1960er Jahren in der DDR intensiv mit Martin Luther King beschäftigt. Er war von dessen Vorbild und Aussagen wie „Kein Problem wird gelöst, wenn wir beständig darauf warten, dass Gott allein sich darum kümmert“ und „Ich wollte kein Zuschauer sein, ich wollte dort stehen, dort mittun, wo die Dinge sich entscheiden“ inspiriert. Seit 1970 versuchte er, durch Ausstellungsarbeit, Vorträge, Zeitungsartikel und den unter abenteuerlichen Umständen 1987 in die DDR eingeführten King-Dokumentarfilm „… dann war mein Leben nicht umsonst“, der bis zu Friedlichen Revolution mehr als 10 000 Zuschauer erreichte, Kings Ideen der gewaltfreien Konfliktlösung in der Gesellschaft unter die Leute zu bringen.

Margot Käßmann als Botschafterin der Kirche für das Reformationsjubiläum nahm auch den Gedanken interessiert auf, dass es bei aller inhaltlicher Verschiedenheit und unterschiedlicher Zeitepochen durchaus einen inneren Zusammenhang zwischen Martin Luther und Martin Luther King gebe. Kings Vater hatte nach einem Besuch des Baptistischen Weltkongresses 1934 in Berlin unter dem Eindruck der Biografie Luthers und der Luther-Gedenkstätten in Deutschland sich und seinen damals fünfjährigen Sohn von Michael King in Martin Luther King umbenannt.
In seinem Brief aus dem Gefängnis in Birmingham 1963 antwortete Martin Luther King Junior auf einen Extremismusvorwurf von Geistlichen: „… War nicht Martin Luther ein Extremist, als er sagte: ‚Hier stehe ich – ich kann nicht anders. Gott helfe mir. Amen …‘ – Es mag wohl sein, dass der Süden, unser Volk, ja die ganze Welt schöpferische Extremisten bitter nötig haben.“
Bei seinem spektakulären Ost-Berlin-Besuch vor 50 Jahren erklärte King von der Kanzel der Marienkirche: „Ich komme zu euch als nicht ganz Fremder, trage ich doch den Namen des Mannes, den ihr alle kennt, den wir alle ehren …“

Der Vertreter des King-Zentrums Werdau berichtete der Berliner Theologin von dem Künstler Hartmut Berlinicke in Wildeshausen, der mit einer Farbradierung Martin Luther King in Verbindung mit Martin Luther und Dietrich Bonhoeffer brachte, indem er aus dem Foto von einer Demonstration zwei Figuren ausschnitt und Luther sowie Bonhoeffer, Arm in Arm mit Martin Luther King, hineinmontierte.

Den Gesprächspartnern blieben trotz solcher Zusammenhänge die gravierenden Unterschiede zwischen Luther, der für Gewaltanwendung war, und King, der strikte Gewaltfreiheit propagierte, bewusst. Trotzdem sollte King mit seinem Gedankengut während der Reformationsdekade in Deutschland nicht unbeachtet bleiben, meinten die beiden in Berlin.

Der Auslöser für den Kontakt zwischen der namhaften Theologin und dem damaligen DDR-Friedensbewegten und Bürgerrechtler, der 1998 gemeinsam mit Jugendlichen vor Ort und Friedensfreunden aus Ost und West das Martin-Luther-King-Zentrum ins Leben rief, war eine von dem Verein 2013 erarbeitete Wanderausstellung „Aus dem Fels der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung hauen – Martin Luther King und die DDR“, der eine Buchveröffentlichung unter dem gleichen Titel folgen soll.

Das Martin-Luther-King-Zentrum im sächsischen Werdau ist einzig in Deutschland. Weltweit gibt es King-Zentren außer in Kings Heimatstadt Atlanta/Georgia nur noch in Havanna/Kuba und Lausanne/Schweiz.

Margot Käßmann befindet sich mit ihrer Mitgliedschaft im King-Zentrum in guter Gesellschaft. Bisherige Ehrenmitglieder des King-Zentrums sind die „Grande Dame“ der internationalen Friedensbewegung Hildegard Goss-Mayr in Wien, die amerikanischen Sängerinnen Joan Baez und Melbra Rai und der Gründer von „Ärzte gegen Atomkrieg“ Horst-Eberhard Richter (+). In guter Gesellschaft  befinden sich daher auch die aktiven und Fördermitglieder des King-Zentrums, in dem weitere Interessenten, denen Gewaltfreiheit und Zivilcourage am Herzen liegen, jederzeit willkommen sind.

„Den Granaten entkommen und doch vom Krieg zerstört“

Zu dieser Veranstaltung wird für Donnerstag, den 24. Juli ab 18 Uhr auf den Platz „Am Torbogen“ in Werdau-West eingeladen.

„Eine Generation, die vom Krieg zerstört wurde – auch wenn sie seinen Granaten entkam“. So beschreibt es Erich Maria Remarque in seinem berühmten Roman „Im Westen nichts Neues“.

Das Martin-Luther-King-Zentrum Werdau greift diese Tatsache auf und widmet seine Gedenkveranstaltung zum 100. Jahrestag des Beginns des 1. Weltkriegs vorrangig den Menschen an der so genannten „Heimatfront“. Das sind die Frauen und Mütter ohne Ehemann, die die Arbeit der Frontsoldaten zuhause in den Betrieben, auf dem Acker, in der Bäckerei, mit übernehmen mussten, die Kinder ohne Vater, die „Kriegskrüppel“, die nicht als Helden gefeiert, sondern als Versager verachtet und nutzlose Esser betrachtet wurden.

Zu Beginn der Veranstaltung jedoch wird im Torbogen eine  historische Gedenktafel an den Soldaten Paul Gansmüller enthüllt, die in den 1960er Jahren von Georg Meusel in der Werdauer Tetznerstraße von einem Abbruchhaus geborgen wurde. Nach Recherchen  im Stadtarchiv „fiel der Landsturmsoldat-Geschirrführer 12. Kompanie des Königlich säschs. Infanterie Regiments, Paul Bruno Gansmüller, ledigen Standes, 22 Jahre alt bei Oleschuchki am 29.9.1915 vormittags um 10 Uhr  in Folge eines Bauchschusses“.

Das King-Zentrum bittet die Bevölkerung um Hinweise auf dessen damalige Familie, ggf. Fotos von den Gansmüllers und von deren winzigem Wohnhaus in der Tetznerstraße 2. Arno, der Bruder von Paul Gansmüller und Arnos Frau Anna Helene lebten damals noch. Nach dem Tod der Frau wurde das baufällige Haus abgerissen.

Nach einem Gedenkwort von Pfarrer Andreas Richter wird auf dem Torbogenplatz ein Gedenkprogramm angeboten. Die Veranstaltung wird musikalisch umrahmt von Posaunenchorbläsern und mit Antikriegsliedern zu Gitarre. In den Texten aus Antikriegsliteratur und Berichten von Bürgern soll dann vorrangig derer gedacht werden, die auf den Heldendenkmälern nicht genannt sind, der Menschen, die in der Heimat unter dem Krieg gelitten haben.

Das ist auch Themenschwerpunkt des MDR-Sachsenspiegels, der im King-Zentrum bereits Aufnahmen gemacht zu einem Beitrag innerhalb einer Reihe über den 1.Weltkrieg in Sachsen.

Werdauer beten für Frieden und Toleranz

Am Samstag, den 5. Juli um 18 Uhr findet eine Friedensandacht für Toleranz und Integration im Gemeindezentrum der Marienkirche statt. Dazu laden Werdauer Kirchen, das Friedensseminar Königswalde sowie das Martin-Luther-King-Zentrum ein. Auch Oberbürgermeister Stefan Czarnecki nimmt an der Veranstaltung teil. Gemeinsam soll ein Zeichen gegen Ausländerfeindlichkeit gesetzt werden, auch unter dem Hintergrund einer angekündigten Demonstration für die Schließung des Asylbewerberheimes der Stadt. Im Anschluss an die halbstündige Andacht werden einhundert bunte Luftballons in den Himmel aufsteigen.

Samstag, den 28.06.2014 in der Zeit von 10.00-17.00 Uhr im Martin-Luther-King-Zentrum

„Gewalt und Gewaltlosigkeit in der Politik: In Memoriam Mahatma Gandhi“

Seminar unter Leitung des Theologen und Philosophen Wolfram Tschiche

Mohandas Karamchand Gandhi (1869-1948), besser bekannt als Mahatma Gandhi, gehört zu den faszinierendsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Er hat der Welt gezeigt, dass soziale und politische Veränderungen nicht nur durch Gewalt und Terror erreicht werden können. Mit seiner Politik des zivilen Ungehorsams und der Gewaltlosigkeit hob er sich von prominenten Zeitgenossen wie Hitler, Stalin und Mao ab, für die Gewalt ein legitimes Mittel der Machthabenden war, um damit ihre politischen Ziele durchsetzen zu können.

Mahatma Gandhis großes Ziel war die Unabhängigkeit Indiens von der britischen Kolonialherrschaft. Dabei ließ er sich vom Grundsatz leiten, dass die Liebe zu den Mitmenschen, auch den britischen Besatzern, der Leitwert in der politischen Auseinandersetzung bleiben muss. So war es für ihn die logische Konsequenz, dass politische Konflikte nur durch gewaltfreie Mittel, als zivilen Widerstand bzw. Ungehorsam lösbar sind.

Gandhis Erfolg der gewaltlosen Aktion beruhten auf völliger Durchsichtigkeit der Methoden sowie der Vorankündigung von Zeit und Ort des Einsatzes, also der Offenlegung der gewaltlosen Strategien. Damit wurde der Gegner zum Teilnehmer gemacht, indem man ihn in das eigene gewaltfreie Handeln einbezog.

Neben der Erinnerung an diesen außergewöhnlichen spirituellen Moralisten und Politiker wird in dem Seminar unter Leitung des Theologen und Philosophen Wolfram Tschiche nach aktuellen Lebensbezügen gefragt: Unter welchen Umständen ist gewaltfreier Widerstand legitim? Gibt es ein Widerstandsrecht in einem demokratischen Verfassungsstaat? Hat gewaltfreier Widerstand gegenüber totalitären Machthabern überhaupt eine Chance? Kann eine „Humanitäre Intervention“ bei schweren Menschenrechtsverletzungen moralisch und politisch gerechtfertigt werden?

Eine Veranstaltung der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung in Kooperation mit
dem Martin-Luther-King-Zentrum. Die Teilnahme ist kostenfrei.

Wenn Sie am Seminar teilnehmen möchten, bitten wir Sie, sich bis 13.06.2014 im Martin-Luther-King-Zentrum anzumelden (telefonisch, schriftlich oder per E-Mail).

RTL Sonntag, 06.04.2014, 23:30 bis 00:25 Uhr

Erstausstrahlung der Dokumentation

Der King-Code. Martin Luther King in Berlin

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Dienstag, 11. März 2014 um 18.30 Uhr im Martin-Luther-King-Zentrum Werdau

Vortrag und Diskussion

„Aktivisten der Freiheit“

Referent: Bernd Gerber

 25 Jahre nach der Friedlichen Revolution möchte das Martin Luther-King-Zentrum am Beispiel der „Aktivisten der Freiheit“ an den frühen Widerstand gegen das kommunistische System in der SBZ/DDR erinnern, der heute oft in Vergessenheit geraten ist, obwohl seine Trägerinnen und Träger den brutalsten Repressionen unterlagen.
Die Widerstandsgruppe „Aktivisten der Freiheit“, zu der etwa 20 Personen gehörten, gründete sich im August 1950 im Raum Zwickau – Werdau und Umgebung. Die Gruppe trat mit friedlichen Mitteln für ein nichtkommunistisches und wiedervereintes Deutschland ein und stellte den Herrschaftsanspruch der SED in Frage. Während des Fußballspiels am 11.Mai 1951 von Motor Zwickau gegen den FC Schweinfurt 05 verteilten die Aktivisten Flugblätter mittels zweier Raketen im Zwickauer Stadion. Die Gruppe hatte bereits am 1. Mai 1951 versucht, eine Rakete mit Flugblättern zu zünden, was jedoch scheiterte. Nur 6 Tage nach der Flugblattaktion – am 17. Mai 1951 – wurden einige Mitglieder der Widerstandsgruppe verhaftet. 17 Personen wurden verurteilt, darunter 5 zum Tode: der Schuhmacher Johannes Vitzthum, der Schreiner Walter-Karl Reinhold, der Lokomotivführer Alfred Pansa, der Textilfacharbeiter Heinz Herrmann – alle aus Steinpleis (bei Werdau) – und der Bergarbeiter Ernst Schreiter aus Zwickau. Die anderen wurden zu 25 Jahren und zu 10 Jahren Arbeitslager in russischen Gulags verurteilt. Die Gruppe wurde von einem eingeschleusten Spion „GI Norbert“ verraten. Die Todesurteile wurden am 12.03.1952 in Moskau vollstreckt, nachdem die Gnadenersuche am 8. März abgelehnt worden sind. Die Entlassungen aus den Lagern waren am 23.12.1953 und am 10.10.1955.
Die Rehabilitierung durch russische Militärstaatsanwälte der Gruppenmitglieder erfolgte am 22. November 1994.
Bernd Gerber ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Martin-Luther-King-Zentrum und recherchiert seit einiger Zeit intensiv zu diesem Thema.

Diese Veranstaltung ist eine Kooperationsveranstaltung mit der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung.
Der Eintritt ist frei.

Donnerstag, 30. Januar 2014, um 19 Uhr im Martin-Luther-King-Zentrum

       „Sportsfreund Lötzsch“

Dokumentarfilm und Diskussion

mit dem Radsportler Wolfgang Lötzsch, Moderation Thomas Purschke

Die Radsportlegende Wolfgang Lötzsch steht im Mittelpunkt dieses Dokumentarfilms.

Anlässlich der Einrichtung eines Kinderradsportteams in Zwickau unter dem Namen „Wolfgang Lötzsch“ werden alle Interessierten zu Film und Gespräch mit dem „Sportsfreund Lötzsch“ eingeladen. Der Sportjournalist Thomas Purschke übernimmt die Einführung und die Moderation des Gesprächs.

ImageWolfgang Lötzsch, 1952 in Chemnitz geboren, war das große Ausnahmetalent im Radsport der DDR. Er träumte von Siegen bei der Friedensfahrt und bei den Olympischen Spielen. Dann aber wendete sich das Blatt. Weil sein Cousin in den Westen floh, galt auch Lötzsch als verdächtig. Er wurde aus dem Sportclub Karl-Marx-Stadt entlassen. 1976 wurde er wegen „Staatsverleumdung“ zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt und war bis 1979 für Radrennen gesperrt. Doch Wolfgang Lötzsch ließ sich nicht unterkriegen. ln der Betriebssportgemeinschaft Motor Ascota trainierte er verbissen weiter – siebzehn Jahre Radfahren gegen einen eisigen Wind. Von Sieg zu Sieg, aber nie über die Grenzen der DDR hinaus. Sein Schicksal, in die Fänge der Staatssicherheit geraten zu sein, hat er bis heute nicht überwunden.
Die Geschichte von Wolfgang Lötzsch ist ein klassisches Drama über Freundschaft und Verrat, Opportunismus und Widerstand. Und sie erzählt, wie ein unpolitischer Mensch eine Widerstandskraft entwickelt, die einen ganzen Staatsapparat aus der Fassung bringt. Ein authentischer Radsportkrimi, interessanter als alle Doping-Spiele um die Tour de France.

Diese Veranstaltung ist eine Kooperationsveranstaltung mit der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung.

Der Eintritt ist frei.

In Zusammenarbeit mit der Evangelischen Akademie Thüringen

19. Januar 2014 um 10 Uhr  

       Gedenk-Gottesdienst für Martin Luther King

Jakobskirche Weimar, Rollplatz 4

2014 jährt sich der Besuch Martin Luther Kings in Ostberlin zum 50. Mal. Die Theologie Kings und sein Ansatz des gewaltfreien aktiven Protestes haben in den Kirchen in der DDR fortgewirkt und waren in den Protesten der Friedlichen Revolution präsent. Dies ist Anlass, in der Jakobskirche in Weimar 50 Jahre nach Kings Besuch und 25 Jahre nach der Friedlichen Revolution eine neue Predigtreihe zu beginnen. Jeweils am Sonntag nach Kings Geburtstag wird in den kommenden Jahren ein Gedenkgottesdienst stattfinden. Dabei wird jeweils ein Bibelwort im Mittelpunkt stehen, über das auch King gepredigt hat. Sein Zeugnis und Engagement für Gerechtigkeit, Gleichheit und Frieden können für die Gegenwart Herausforderung und Inspiration werden.