Rezension Spurensuche

Spurensuche im Terminkalender

Der Rentenbescheid ist längst da. Das Aufräumen, Sichten, Wegwerfen beginnt. Joachim Krause stöbert in seinen Manuskripten und längst vergessenen Notizen.
Meerane. Nahezu 30 Jahre war der diplomierte Chemiker und Theologe Joachim Krause als „Beauftragter für Glaube, Naturwissenschaft und Umwelt“ im Dienst der Landeskirche Sachsen unterwegs. Das Spektrum des Naturwissenschaftlers reichte vom Waldsterben in der DDR über Kernenergie, Klimawandel und alternative Energien bis hin zu Stammstellenforschung, Organspende und der Würde des Sterbens.
„Abschiedsfeier. Rentenbescheid. Beginnt nun die große Freiheit oder die große Leere“, fragt der 68-Jährige eingangs in seinem druckfrischen Buch „Die Verschiebung des Horizonts – eine Spurensuche im Terminkalender“. Sein Rentnerdasein hat es ihm möglich gemacht, noch einmal dienstliche und private Hinterlassenschaften wie Kalender, Quittungen, Pressetexte sowie Protokoll-Notizen aus den fast drei Jahrzehnten zu sichten, in denen er ab 1982 als „Beauftragter für Glaube, Naturwissenschaft und Umwelt“ in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche tätig war. In seinem Buch berichtet er von vielschichtigen, aufregenden und manchmal verstörenden Erfahrungen aus jenen Jahren. Präzise zugeordnet und dennoch unterhaltsam erfährt der Leser, welche Themen die Menschen vor 1989 bewegt haben, wie er an brisante Umwelt-Informationen herankam und unter dem Druck durch Staat und Stasi seine Arbeit verrichten konnte. „Im neuen Deutschland dann war vieles anders. Und dennoch blieben manche meiner Themen weiter aktuell“, sagt Joachim Krause. Ein „lehrreiches und schmerzliches Praktikum“, bei dem er im echten Wortsinn Lehrgeld bezahlen musste, datiert auf den 9. Oktober 1995. „Gemeinderat Wind“ ist dieses Kapitel überschrieben und dokumentiert das Scheitern seiner Bemühungen um die Errichtung eines eigenen Bürgerwindparks in seiner Gemeinde.
„Ich hoffe, dass in dem Buch nicht nur einige spannende Erfahrungen aufbewahrt sind, sondern Weggefährten von damals und vielleicht auch die, die auf der ‚anderen Seite‘ standen, an ihre eigene(n) Geschichte(n) erinnert werden“, wünscht sich der Rentner im Unruhestand.
(Auszug aus: Freie Presse Chemnitz, Regionalteil Glauchau, erschienen am 14.11.2014, von Doris Gey)